Ende gut, alles gut
Mit Hightech von KHS baut eine AB InBev-Tochter in Mosambik die modernste und größte Brauerei Afrikas. Herzstück ist die schnellste Mehrweg-Glaslinie des Kontinents, deren erfolgreiche Installation und Inbetriebnahme weder ein katastrophaler Hurrikan noch die grassierende Coronapandemie letztlich verhindern können.
Aus der heimischen Nutzpflanze Maniok wird in weiten Teilen Afrikas schon lange Bier hergestellt. Selbst gebraut nimmt es ganz unterschiedliche Formen an, meist trüb, ohne nennenswerten Schaum und von stückiger Konsistenz – fast wie ein flüssiges Müsli, und damit beileibe nicht jedermanns Geschmack. Die erste Brauerei, die sich der Herausforderung stellt, aus der auch Cassava genannten Pflanze ein genießbares Bier zu machen, ist Cervejas de Moçambique, kurz CDM: 2011 bringt das Unternehmen unter der Marke Impala eines der ersten kommerziellen Maniok-Biere Afrikas auf den Markt. Anstelle von Weizen- oder Gerstenmalz kommen 70 Prozent Stärke aus den Wurzelknollen zum Einsatz. In einem langen Entwicklungsprozess entsteht schließlich ein Getränk, das im Glas gelb-fruchtig und leicht trübe erscheint. Mit seiner weißen Schaumkrone wirkt es optisch wie ein normales Lager und überrascht mit seinem frischen Geschmack.
Gleich in mehrfacher Hinsicht ist Impala für CDM ein voller Erfolg: Durch den Bezug regionaler Rohstoffe sichert die Brauerei die wirtschaftliche Existenz der Kleinbauern vor Ort und schafft zahlreiche Arbeitsplätze in der Landwirtschaft. Der Staat honoriert dieses Engagement ebenso wie die Tatsache, dass das professionell hergestellte Gebräu an die Stelle von gesundheitsgefährdenden Eigenkreationen seiner Bürger tritt: Dank eines geringeren Steuersatzes kann das neue Bier rund 30 Prozent unter dem üblichen Preis angeboten werden. Das hilft, Impala mit über einer Million verkauften Flaschen pro Jahr zu einem großen Erfolg zu machen – der längst in mehreren afrikanischen Ländern und von verschiedenen Brauereien kopiert wird.
Neben seiner Innovationskraft setzt CDM zugleich auf Traditionen. 2005 im Rahmen des marktwirtschaftlichen Umbaus der Wirtschaft des zuvor sozialistisch regierten Landes privatisiert, vereint das Unternehmen in seinem Portfolio heute alle in Mosambik alteingesessenen Biermarken. Dazu zählt vor allem das seit 1950 gebraute 2M, dessen Name an den französischen Präsidenten Patrice de Mac-Mahon erinnern soll: Er hatte 1875 im Konflikt zwischen Portugal und England um die heutige Hauptstadt Maputo vermittelt und wird im südwestafrikanischen Land entsprechend verehrt. Zu den Topmarken zählt weiterhin das 1932 als erstes jemals in Mosambik gebraute und immer wieder ausgezeichnete Bier Laurentina. Mit einem Umsatz von rund 300 Millionen Euro (2021) ist die heute mehrheitlich dem Konzern AB InBev gehörende Brauerei mit Abstand der größte heimische Bierproduzent und Marktführer.
Neuer Standort mit Potenzial
Möglich machen diesen Status die konsequente Wachstumsstrategie und eine kontinuierliche Kapazitätssteigerung. Erst 2010 wird zusätzlich zu den bisherigen Standorten in der Hauptstadt Maputo und dem weiter nördlich an der Küste gelegenen Beira eine dritte Fabrik in Nampula im Norden des Landes eingeweiht. Nur acht Jahre später erfolgt die Grundsteinlegung zu einem weiteren Greenfield-Projekt in Marracuene, wenige Kilometer vor den Toren Maputos. Hier startet man mit einer Kapazität von 1,6 Millionen Hektoliter pro Jahr. Angesichts einer schnell wachsenden Bevölkerung und der steigenden Nachfrage nach hochwertigem Bier ist damit das Ende der rasanten Entwicklung noch nicht erreicht: Die Produktionsstätte wurde so konzipiert, dass sie in den kommenden Jahren ohne Weiteres auf eine Leistung von 6 Millionen Hektoliter expandieren kann.
Herzstück der neuen Location ist eine Mehrweg-Glaslinie von KHS, auf der pro Stunde bis zu 80.000 550-Milliliter-Flaschen abgefüllt werden können – das Format, mit dem rund 95 Prozent des Umsatzes erzielt werden (siehe Kasten „Hightech für Mosambik“). Für den afrikanischen Kontinent sei die Linienleistung extrem hoch, erklärt Tobias Zeimentz, der bei KHS als Key Account Manager weltweit für den Kunden AB InBev verantwortlich ist: „In dieser Region werden selten mehr als 40.000 Flaschen pro Stunde verarbeitet.“
Internationales KHS-Netzwerk
Mit der Realisierung seines neuen Standorts hat CDM es eilig. Um das anspruchsvolle Timing umsetzen und die verschiedenen Komponenten schnellstmöglich bereitstellen zu können, setzt KHS auf sein internationales Netzwerk: So kommen etwa die Transporteure aus Mexiko und die Sedimentationstanks aus Südafrika. Installiert werden soll die Linie von Technikern aus der Ukraine, der Türkei, aus Mexiko und Deutschland. Für das Training schließlich zeichnen die Kollegen aus Brasilien verantwortlich, die sich in ihrer portugiesischen Muttersprache mit den Mosambikanern ohne Kommunikationsverluste verständigen können. Schon in der Angebotsphase funktioniert das Teamwork hervorragend: Die erforderlichen internen und externen Abstimmungen werden frühzeitig gestartet, und alle sind zuversichtlich, die herausfordernde Terminschiene einhalten zu können.
Doch es kommt anders als gedacht: Im März 2019 wird das Land vom Hurrikan Idai verwüstet: Über tausend Menschen sterben, fast eine Million werden obdachlos. Die Schäden in Mosambik und den benachbarten, weniger stark betroffenen Ländern Simbabwe und Malawi belaufen sich Schätzungen der Weltbank zufolge insgesamt auf rund 1,7 Milliarden Euro.
Von der Naturkatastrophe ist auch die Hauptstadtregion betroffen, sodass es bei CDM zu Verzögerungen im Zeitplan kommt. Das Produktionsgebäude wird nicht rechtzeitig fertiggestellt, um die für die Montage bereitstehenden Maschinen aufnehmen zu können. KHS reagiert spontan und flexibel mit Teillieferungen, wann immer möglich. Im Oktober 2019 beginnt die Installation, obwohl die Halle noch weitgehend im Rohbau befindlich ist. Ab jetzt können alle Termine eingehalten werden, und sämtliche Beteiligte sind glücklich. Schließlich haben sie allen Grund zu feiern, als im Februar 2020 die erste Flasche in der Linie gefüllt wird.
Corona-Lockdown mit Folgen
Allerdings hält die Freude nicht lange an. Innerhalb weniger Wochen wächst sich Covid-19 zu einer globalen Pandemie aus: Betroffene Länder gehen in den Lockdown, Flugverbindungen werden ausgesetzt, Reisen wird weitgehend unmöglich. Mosambik kündigt an, seine Grenzen innerhalb eines Tages zu schließen, und der Flughafen von Maputo wird nicht mehr angeflogen. „Unserem Team blieb nichts anderes übrig als buchstäblich Hals über Kopf abzureisen“, erinnert sich Zeimentz. „Um nicht auf unabsehbare Zeit vor Ort zu stranden, machten sich die Kollegen unter Wahrung unserer Fürsorgepflicht sofort auf den teils schwierigen Heimweg. Zu diesem Zeitpunkt war die Linienoptimierung erst zu drei Vierteln abgeschlossen, und wir hatten noch zwei Monate Arbeit vor uns.“ Trotzdem ist die Entscheidung im Sinne der Mitarbeitenden die richtige: Bis wieder gereist werden kann, vergeht ein halbes Jahr.
In der Zwischenzeit muss es vor Ort allerdings weitergehen, wie Franz Schepping betont, Technical Director bei CDM. „Unser lokales Team in Marracuene stand nun vor der Herausforderung, diese 80.000-Flaschen-Linie über Online-Meetings, Telefon- und Videoanrufe sowie den KHS-Fernwartungsservice ReDIS in Betrieb zu nehmen, ohne dass eine Schulung zuvor stattfinden konnte“, sagt er. „Das stellte unseren Hochlaufplan natürlich erstmal auf den Kopf. Mit viel Schweiß, Überstunden und manch schlafloser Nacht haben wir es letztlich geschafft, unser wichtigstes Format, die 550-Milliliter-Flasche, so weit auf Leistung zu bringen, um die einheimischen Verbraucher mit unserem Bier zu versorgen.“ Entsprechend glücklich ist man unterm Strich, die Anlage in Betrieb gehalten zu haben. „Eine Stilllegung über mehrere Monate wäre natürlich eine Katastrophe gewesen“, bestätigt Zeimentz.
Zum Engpass in der Produktion kommt auf der Vertriebsseite hinzu, dass die Regierung im Frühjahr 2020 den Verkauf von Alkohol auf bestimmte Geschäftszeiten beschränkt und Ausgangssperren verhängt – mit spürbaren Auswirkungen auf den Bierkonsum und das Geschäft von CDM. Die Brauerei lässt sich vom vorübergehenden Einbruch jedoch nicht beirren und führt in dieser Zeit das Produkt 2M Flow ein. Es ist gleich zur Premiere ein voller Erfolg und erfreut sich seither großer Beliebtheit.
Modularer Etikettierer: Vielfältig und flexibel
Erstmals weltweit setzt AB InBev bei CDM in Mosambik zwei Exemplare der modularen KHS-Etikettiermaschine ein. Die Maschine lässt sich mit verschiedenen Stationen ausstatten, die innerhalb kürzester Zeit durch einfaches An- und Abdocken mit einem Hubwagen umgerüstet werden können. Die damit verbundene Flexibilität sorgt bei CDM für mehr Zukunftssicherheit: Auf neue Trends und dynamische Marktentwicklungen kann schnell und ohne großen Aufwand reagiert werden. Eindrucksvolle Leistungswerte von nur 0,054 Prozent Fehletiketten und eine Effizienz von über 99 Prozent überzeugen gleich doppelt von der hohen Qualität der KHS-Etikettiertechnik.
Endlich fit für die Abnahme
Erst im September 2020 können die meisten KHS-Kollegen unter weiterhin teils schwierigen Bedingungen zurückkehren, um ihre Arbeit zu Ende zu bringen. Zunächst erfolgt eine umfassende Auditierung, bevor die Anlage mit Überholungsmaßnahmen, Wartungs- und Reinigungsarbeiten sukzessive für die Abnahme fit gemacht wird – alles unter Berücksichtigung der laufenden Produktionsanforderungen. Dass die Pandemie nicht vorbei ist, lässt sich schon daran ablesen, dass es trotz scharfer Sicherheitsvorkehrungen immer wieder auf allen Seiten zu Infektionen kommt, die ihrerseits für neuerliche Verzögerungen sorgen.
Im Sommer 2021 ist es endlich so weit: Nach einem fünftägigen Leistungstest, der mit über 95 Prozent Linieneffizienz erfolgreich abgeschlossen wird, kann die Anlage offiziell in Betrieb genommen werden. Neben den beiden modularen KHS-Etikettiermaschinen, übrigens eine Premiere für AB InBev (siehe Kasten „Vielfältig und flexibel“), können vor allem die zwei Füller des Typs Innofill Glass DPG ECO überzeugen: Mit sehr niedrigen TPO*-Aufnahmewerten von 19 Mikrogramm pro Liter und einem geringen CO2-Verbrauch von nur 150 Gramm pro Hektoliter untermauern sie den Status von KHS als erster Adresse für Fülltechnik.
* TPO = Total package oxygen: Gesamtsauerstoffaufnahme im Füller.
Die mit einem Investment von rund 150 Millionen Euro „größte und modernste Brauerei in Mosambik und ganz Afrika“, wie Tomaz Salomao, der Vorstandsvorsitzende von CDM betont, kann eingeweiht werden. Die unvorhersehbaren Hürden, die bis zum Erreichen dieses Ziels genommen werden mussten, sind angesichts der Freude über die nun reibungslos laufende Abfüllstraße zu diesem Zeitpunkt schon (fast) vergessen.
Noch Fragen?
Leroy Thangamuthu
KHS Manufacturing (South Africa) Pty Ltd., Sandton
+27 11 2621 117 leroy.thangamuthu@khs.com