Schlank aus Prinzip
Bei großen Investitionen hilft eine langjährige und enge Geschäftsbeziehung oft, sonst übliche Extraschleifen zu vermeiden. Das gilt auch für den niederländischen Getränkehersteller United Soft Drinks und KHS, die schon seit 25 Jahren „ein Paar“ sind.
Wer den Betrieb von United Soft Drinks im niederländischen Goor besucht, trifft als erstes nicht etwa auf den Pförtner. Es ist Produktionsmanager Pieter Overdijk, an dessen Büro kein Weg in das Zweitwerk des größten niederländischen Getränkeherstellers vorbeiführt. Overdijk ist auf vielen Gebieten zuhause: Er verantwortet nicht nur den Produktionsbetrieb, sondern kümmert sich auch um erforderliche Baumaßnahmen, Maschinenanschaffung oder finanzielle Vertragsdetails. „Wir haben als Familienbetrieb eine flache Organisationsstruktur und machen alles“, lacht er und vergleicht seine Belegschaft von nur 24 Mitarbeitern mit der von Großbrauereien: „Dort sind oft vier- oder fünfhundert Leute beschäftigt. Wenn es bei denen zum Beispiel um die Umstellung von Holz- auf Kunststoffpaletten geht, wird eigens ein Mann dafür eingestellt, der sich mit nichts anderem auseinandersetzt – bei uns läuft das so mit.“ Dabei kommt dem Unternehmen zugute, dass Overdijks Team extrem motiviert und exzellent geschult ist, wie er stolz betont. Wenn zum Beispiel ein niederländischer Einzelhandelspartner für eine seiner Eigenmarken von United Soft Drinks eine neue Flaschenform wünscht, sorgt er mit seinen Kollegen ganz pragmatisch dafür, dass das veränderte Design in einem Zeitraum von nur sechs bis acht Wochen im Regal steht.
Hocheffizient
So schlank wie Overdijk selbst ist auch die Organisation bei United Soft Drinks: „Anders als bei den internationalen Konzernen wird bei uns nur im Zweischichtbetrieb abgefüllt“, erklärt der Produktionsmanager, der die Standorte in Goor und Utrecht seit sechs Jahren führt. „In dieser Zeit schaffen wir eine Produktionsmenge, für die vergleichbare Betriebe erheblich länger brauchen.“ Zur hohen Effizienz gehört hier, dass in den Hallen fast keine Bediener zu sehen sind. Es komme vor, dass Besucher nachfragten, wo denn die Mitarbeiter seien, freuen sich Overdijk und Hennie van der Graaf, Manager von KHS Benelux, mit dem er seit 25 Jahren zusammenarbeitet – so lange, wie er selbst bei United Soft Drinks beschäftigt ist. „Die Leute hier und im Stammwerk in Utrecht sind wirklich extrem qualifiziert und hochprofessionell“, bestätigt auch van der Graaf. „Sie wissen genau, was sie zu tun haben und wann wo welche Verbrauchsmaterialien nachzulegen sind, damit die Maschinen ohne Pause produzieren können.“ Das sehe dann schon mal aus, als liefe alles von alleine, sagt van der Graaf – ein ungewohntes Bild. Erstaunte Gäste, denen er bei United Soft Drinks eine KHS-Linie gezeigt habe, hätten ihm mehr als einmal scherzhaft unterstellt, dass das doch wohl ein Verkaufstrick sei. „Wir sind hier nicht so weit weg von der sogenannten Dark Line*“, berichtet Overdijk selbstbewusst, „auch wenn wir natürlich keine 100.000 Flaschen in der Stunde schaffen.“ 30.000 Flaschen sind es aber schon, die hier auf der neu von KHS installierten PET-Linie laufen – und zwar reibungslos.
Dafür gibt es einen weiteren Grund: Vergeblich sucht man in der Produktion von United Soft Drinks Instandhaltungstechniker mit einem Laptop: „Der ist bei uns den Managern vorbehalten“, witzelt Overdijk und beschreibt, warum auch das ein Qualitätsmerkmal der Abläufe in seinem Betrieb ist. „Um Fehler zu vermeiden, erlauben wir unseren Technikern nicht, eigenmächtig in die Software der Maschinen einzugreifen. Das dürfen nur die Spezialisten, die wir im Fall einer Störungsmeldung in die Linie schicken.“
* Dark Line = Vollautomatische Fertigungsstraße, die ganz ohne Bediener auskommt
Fünf Fakten:
Wann? 1962 in Koog aan de Zaan in der Nähe von Amsterdam als Drankenindustrie Raak gegründet
Was? Mineralwasser, Near-Water-Getränke, Isotonische Sportgetränke, Limonaden, Fruchtsirup
Worin? PET-Flaschen (250 Milliliter, 330 Milliliter, 500 Milliliter, 750 Milliliter, 1,5 Liter, 2 Liter), Kartons (1 Liter, 2 Liter), Dosen (250 Milliliter, 5 Liter)
Wie viel? 150 Millionen Liter pro Jahr
Wohin? Niederlande, Belgien, Vereinigtes Königreich, Deutschland, Frankreich
»Im Zweischichtbetrieb schaffen wir eine Produktionsmenge, für die vergleichbare Betriebe erheblich länger brauchen.«
Produktionsmanager, United Softdrinks
Sportgetränke-Pionier
Die erfolgreichste Marke des Unternehmens ist der „AA Drink“, der vor 25 Jahren zeitgleich mit dem Beginn der Geschäftsbeziehung mit KHS als erstes niederländisches Sportgetränk in den Markt eingeführt wurde. Als isotonische Erfrischung speziell für Sportler ist es heute in verschiedenen Geschmacksrichtungen sowohl im Getränkehandel als auch in jedem Fitnessstudio in Benelux erhältlich. „AA Drink“ tritt bei sportlichen Großveranstaltungen wie zuletzt der Leichtathletik-Europameisterschaft 2016 in Amsterdam, dem Marathon Rotterdam oder dem Berlin-Marathon als Sponsor auf. Neben ihrem Engagement im Pferde- und Radrennsport unterstützt die Marke holländische Olympiateilnehmer ebenso wie zahlreiche lokale Sportvereine in den Niederlanden und Belgien.
Unter der Marke „RAAK“ vertreibt United Soft Drinks einen Fruchtsirup zur heimischen Zubereitung von Limonaden, den es in sieben Geschmacksrichtungen gibt. Von 1962 bis 1998 lautete auch der Name des Unternehmens „RAAK“. Die Marke ist in jedem holländischen Haushalt ein Begriff – und war das schon, als der heute 66-jährige Hennie van der Graaf noch ein Kind war. Charakteristisch ist die zylindrische Form der PET-Flasche, die an die schlanke – und viel teurere – Dose erinnern soll, in die der Sirup früher abgefüllt wurde.
Komplettpaket
Die neue KHS-Linie, insgesamt die dritte des Dortmunder Systemanbieters am Produktionsstandort Goor, umfasst neben dem Streckblas-Füllerblock einen Kurzzeiterhitzer, den passenden Sleever, einen Trayschrumpfpacker sowie Palettierer und Palettenwickler. Zu den Besonderheiten der Anlage zählt, dass anstelle des sonst üblichen Puffertanks mit angebundener CIP-Installation ein sogenannter Product Return Loop im Kurzzeiterhitzer eingerichtet wurde. Er hält das Produkt bei einem Maschinenstopp im Kreisel in Bewegung und macht das sonst erforderliche Leerlaufen und Spülen der Leitungen überflüssig – das spart Zeit. „Anders als Bier sind unsere Produkte nicht empfindlich gegen Überpasteurisierung“, erklärt Ralph Schapink, der als Betriebsleiter in Goor von Anfang an in das Projekt eingebunden war. „Für uns ist es wichtiger, den mit dem sonst üblichen Prozess verbundenen Produkt- und Zeitverlust zu vermeiden.“
Individuelle Anpassungen
Eine besondere technische Anforderung stellt der „AA Drink“ an die neue Abfülllinie von KHS: Anders als die meisten Sportgetränke verfügt das Produkt weder über einen reinen Schraubdeckel noch über einen kreissymmetrischen Sportverschluss. Stattdessen besteht der Deckel aus einem einseitig mit einem „Scharnier“ befestigten Klappverschluss, den auch Leistungssportler seiner praktischen Handhabung wegen bevorzugen. Was das für KHS bedeutet, beschreibt Ronald Stesmans, Technical Sales Engineer bei KHS Benelux: „Während im normalen Verschließer der Kopf aus einem zylindrischen Teil besteht, das sich auf Flasche und Deckel absenkt und diesen zudreht, musste für die Energydrinks ein dreiteiliger Greiferkopf entwickelt werden, der den asymmetrischen Deckel wie in einer Klemme hält und dreht.“
Anstelle des bisher von United Soft Drinks eingesetzten Rollfed-Etikettierers wurde die Linie mit einem Fuji-Sleever ausgestattet. Sleever bieten sich bei Produkten an, die ohne Kohlensäure abgefüllt werden. Hier nimmt im Lauf der Zeit der Stickstoffgehalt, mit dem die Flasche im Anschluss an die Befüllung unter Druck gesetzt wird, ab und der Behälter schrumpft. Anders als ein Etikett lockert sich ein Sleeve nicht.
Hightech in Holland
Auszug aus der Maschinenliste
Blasmaschinen-Füllerblock
InnoPET BloFill
Mischanlage
Innopro Paramix C
Kurzzeiterhitzung
Innopro KZE
CIP-Anlage
Innopro CIP
Trayschrumpfpacker
Innopack Kisters TSP
Palettiermaschine
Innopal PBL-1
Diese Anpassungen sind für Pieter Overdijk ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl seiner Technologiepartner: „Wir sind zwar ein vergleichsweise kleiner Kunde, verfügen aber über 25 Jahre Erfahrung in dem, was wir machen. Deshalb haben wir auch eine ganz genaue Vorstellung davon, was wir brauchen. Mit Standardlösungen ist uns da nicht immer geholfen.“ Am Hauptsitz Utrecht, wo Overdijk viele Jahre Betriebsleiter war, habe man früher auf einer PET-Abfülllinie alles in eine 1,5-Liter-Flasche abgefüllt – heute sind es fünf verschiedene Modelle. Nicht nur der schnelle Formatwechsel wird deshalb für Overdijk immer wichtiger, sondern auch die Bereitschaft, mit der die Lieferanten auf seine Sonderwünsche reagieren. „Wir erwarten von unseren Maschinenherstellern genau die Flexibilität, die auch unsere Kunden von uns verlangen.“
Vertrauen als Basis
Mit KHS, und besonders mit seinen Ansprechpartnern Hennie van der Graaf, Ronald Stesmans und Coen van Arum, der als Service Manager bei KHS Benelux ebenfalls ein „Mann der ersten Stunde“ ist, hat Pieter Overdijk genau den Partner gefunden, der ihm das bietet. Mit ihm kann er ebenso entspannt und „schlank“ umgehen, wie United Soft Drinks seine Geschäfte führt: „Während man bei Projekten wie unserer neuen Linie oft mit mindestens sechs Personen an einem Tisch sitzt, machen wir das hier unter uns aus“, sagt der Produktionsmanager. „Wir kennen die Leute in der Organisation, und wir pflegen einen engen persönlichen Kontakt.“ KHS und United Soft Drinks seien wie zwei Familien, findet van der Graaf, und Overdijk ergänzt: „Das enge Vertrauen, das uns mit KHS verbindet, würde ich nicht nur als einen Vorteil unserer Zusammenarbeit beschrieben, sondern sogar als deren Basis.“