Reif für die Insel
Durch den Austausch von Steuerung und Antrieben kann die Lebensdauer von Anlagen beträchtlich erhöht werden.
Das macht ein Beispiel aus Großbritannien deutlich, bei dem die Umbauspezialisten von KHS eine Hauptrolle spielen – mit Unterstützung der englischen Servicekollegen vor Ort.
Maschinensteuerungen von Herstellern wie Allen-Bradley oder Siemens werden laufend weiterentwickelt – für Anlagenbetreiber stellt es eine große Herausforderung dar, auf dem neuesten Stand der Technik zu bleiben. Spätestens wenn die Steuerung einer Maschine vom Hersteller nach zehn oder mehr Jahren nicht mehr unterstützt wird und es keine Ersatzteile mehr gibt, wird es höchste Zeit für einen Umbau: Die Servicetechniker von KHS haben diese Situation im Auge. Im Rahmen umfassender Beratung übernehmen sie Verantwortung für ihre Kunden und weisen anlässlich der normalen Wartungsintervalle gezielt darauf hin, wann ein Austausch nötig und sinnvoll ist.
So auch bei Premier Foods, einem der größten britischen Lebensmittelhersteller: In dessen Produktion im mittelenglischen Worksop, wo unter anderem das Soßengranulat der Marke Bisto hergestellt und verpackt wird, wurden im vergangenen Jahr zwei rund 15 Jahre alte Kisters Trayschrumpfpacker von KHS mit neuen Kinetix-Antrieben von Allen-Bradley inklusive Servomotoren versehen. Im Prinzip ist diese Art von Umbau reine Routine. In diesem Fall jedoch war es das erste Mal, dass die KHS-Techniker Steuerungen des Typs Kinetix 5700, der neuesten Generation von Rockwell-Antrieben, in bestehende Anlagen zu integrieren hatten.
Überholung Schritt für Schritt
Die bisher vorhandene wurde durch eine RSLogix-5000-Steuerung mit L82E-Prozessor ersetzt. Neben deren Austausch umfasste der Umbau selbstverständlich die Auswechslung der Schalttafel sowie den Einbau eines neuen 15-Zoll-Bedienpultes ClearLine HMI von KHS – ein energieeffizienter Industrie-PC mit Touchscreen und RFID-Zugangskontrolle. Als Teil der Überholung wurden außerdem alle vorhandenen Servomotoren durch Kinetix-VPL-Motoren ersetzt und die zugehörigen Getriebe ausgetauscht.
Wie das Projekt im Einzelnen abgelaufen ist, erklärt Uwe Bartholemy, Head of Technical Support Spare Parts & Conversion in der Service Division von KHS in Kleve: „Vor Abgabe des Angebots an Premier Foods, das zugleich die elektrotechnischen Spezifikationen enthielt, haben wir uns vor Ort in Worksop die betreffenden Maschinen genau angesehen.“ Den mechanischen Bereich überprüfte KHS-Techniker Wilhelm Schnatz, den elektrischen Bereich der KHS-Elektromechaniker Heinz-Dieter Heek. Anschließend haben beide die Details von Angebot und Zeitplan kontrolliert und geklärt. Unterstützt wurden sie dabei von ihren englischen Kollegen, die gemeinsam mit ihnen den Ist-Zustand der Maschinen vor dem Umbau erfassten. Wie in vielen anderen Fällen auch, stellten die Techniker dabei fest, dass die Maschine sich nicht mehr im Originalzustand befand. „Hier hatte der Kunde einen Monitor in den Schaltschrank eingebaut, um die Linie zu überwachen“, erinnert sich Heek. „In diesem Fall vereinbarten wir, dass die zwischenzeitlich in Eigenregie erfolgten Einbauten durch den Kunden selbst wieder eingebunden werden müssen, wenn wir den Umbau abgeschlossen haben.“
Nah am Kunden
Service bei den Briten: Die britische KHS-Serviceorganisation am KHS-Standort in Solihull in der Nähe von Birmingham beschäftigt 13 Servicetechniker, sieben davon Elektronikingenieure. Das Team deckt das gesamte KHS-Portfolio ab und wird von Alan Watt geführt, der dem Unternehmen bereits seit 24 Jahren angehört. Zu den Aufgaben seines Bereichs gehören auch Umbauten und Umrüstungen. Besonderen Wert legt Watt auf die Aus- und Weiterbildung seiner Techniker, die größtenteils in Deutschland erfolgt: aktuell werden zwei Ingenieure speziell auf Steuerungen von Allen-Bradley geschult. Das Serviceteam pflegt langjährige und enge Beziehungen zu sowohl kleinen als auch großen Kunden – die beiden größten sind Coca-Cola European Partners (CCEP) GB und Britvic, der Abfüller von Pepsi-Produkten in Großbritannien. Britvic nimmt derzeit im Rahmen der Inbetriebnahme von drei neuen Dosenlinien die Servicedienstleistung eines Embedded Engineers in Anspruch.
Gründlich getestet
Im Anschluss an die Beauftragung erfolgte der Bau der neuen Schaltschränke und Schalttafeln im KHS-Werk in Dortmund. Zeitgleich wurde in Kleve an der Software gearbeitet. Nachdem auch die Hardware am Niederrhein angekommen war, erfolgten der Aufbau und die Inbetriebnahme im Werk, um alle Funktionen gründlich zu testen – etwa den Not-Aus-Kreis, die Sicherheitstüren, die Leistungszuschaltung, die einzelnen Antriebe sowie die Tunnel- und Tänzerregelung. „Wenn das alles funktioniert, steht uns die Hauptarbeit allerdings erst noch bevor“, legt Bartholemy dar, der bei KHS in Kleve das Thema Umbauten verantwortet, und zählt eine lange Liste von Tätigkeiten auf, die die Kollegen beim Kunden vor Ort noch auszuführen hatten: „Erst mussten an der bestehenden Anlage der Schaltschrank abgeklemmt und überflüssige Leitungen entfernt werden. Dann wurden der neue Schaltschrank eingebracht und die vom Kunden installierten Sicherheitsschalter sowie alle anderen Umbauteile überprüft. Im nächsten Schritt wurden die neuen Leitungen für Servos und Sicherheitskreis eingezogen. Dann haben wir die mechanischen Teile demontiert, bevor der neue Schaltschrank auf seine Position gesetzt und angeschlossen wurde. Abschließend erfolgte der Einbau der neuen Motoren und Getriebe sowie der Pneumatik, bevor die Anlagen geprüft und in Betrieb genommen wurden.“
»Die Aus- und Weiterbildung unserer britischen Servicetechniker erfolgt größtenteils in Deutschland.«
Service Manager, KHS UK
Dass mit Karl Janssen ein Konstrukteur den Umbau beim Kunden begleitet, ist nur dann erforderlich, wenn eine neue Technik zum ersten Mal zum Einsatz kommt. Ziel ist es, das lokale Servicepersonal kurzfristig in die Lage zu versetzen, die Umbauten selbst vorzunehmen. „Schon beim zweiten Mal haben wir englische Servicetechniker dabei“, erklärt Bartholemy. „Beim dritten Mal kennen sich die Kollegen dann schon so gut aus, dass sie die meisten Arbeiten selbst übernehmen können, beziehungsweise genau wissen, wer sich am besten damit auskennt.“
Für die Klever Servicetechniker ist der Steuerungsumbau bestehender Anlagen hingegen Routine: An die 200-mal haben Bartholemy und seine Kollegen diesen Job schon gemacht, schätzt er, und das in der ganzen Welt: „Wir haben Außenstellen in den USA, in Australien, Brasilien und Spanien.“ Dass ihm und seinem Team die Arbeit nicht ausgeht, dafür sorgen die Hersteller der Antriebe. „Sowohl Siemens als auch Allen-Bradley bringen in einem Rhythmus von acht bis zehn Jahren ganz neue Systeme auf den Markt. Die alten werden dann vielleicht noch zehn Jahre lang mit Ersatzteilen unterstützt, aber dann werden die Komponenten abgekündigt: Wenn dann eine Steuerung ausfällt, hat der Anlagenbetreiber ein Problem. Deshalb bieten wir die Umbauten proaktiv an.“
Schon nach kurzer Zeit konnte Premier Foods wieder mit der Produktion starten. Einige Formate wurden zwischenzeitlich noch optimiert und kleinere Restarbeiten abgeschlossen, aber jetzt profitiert das Unternehmen vom aktuellen Industriestandard, von unkomplizierter Ersatzteilbeschaffung und der einfacheren Bedienung. Und nicht nur das – auch für zukünftige Anforderungen sind die Maschinen bereits fit gemacht: Die umgebauten Anlagen sind für die Verbindung mit dem KHS-Ferndiagnosesystem ReDiS vorbereitet, und Steuerung und Servotechnik können mit geringem Aufwand um zusätzliche neue Funktionen erweitert werden.