Wachstumsstrategie
Auf eine bewegte Geschichte blickt Andrew Cawthray, Mitgründer des britischen Lohnabfüllers Cawingredients, zurück. Auch in Zukunft will er viel bewegen – am liebsten mit KHS, wo er jetzt nach 42 Jahren Berufspraxis seinen allerersten Dosenfüller bezogen hat.
Kunden genau zuhören, neue Situationen schnell analysieren und sofort entsprechend handeln – das ist Teil der Philosophie von Cawingredients, einem der größten Lohnabfüller des Vereinigten Königreichs. Bis zum Start seiner neuen Dosenlinie hatte das Unternehmen nur Erfrischungsgetränke in PET-Flaschen produziert – auch wenn Andrew Cawthray eigentlich schon immer in den Markt für Dosen einsteigen wollte. Seitdem er sich auch diesen Traum erfüllt hat, ist zwar erst ein Jahr vergangen. Dennoch kann er den unglaublichen Erfolg kaum fassen, den sein Unternehmen damit erzielt hat. Umso entschlossener ist er, seine Dosenkapazität der wachsenden Nachfrage entsprechend weiter auszubauen.
Maximal flexibel
Rund 22 Millionen Pfund investieren die Briten in ihre insgesamt vierte Linie in Leeming Bar in North Yorkshire – inklusive 5 Millionen Pfund für die eigens errichtete neue Halle. Wie in allen Bereichen ihres Produktionsbetriebs ist für Cawingredients auch in diesem Projekt vor allem maximale Flexibilität wichtig. Schließlich möchte man alle erdenklichen Kundenwünsche sowohl hinsichtlich der Dosenformate als auch mit Blick auf die Sekundärverpackung bedienen können. Mit dem neuen Behälter verbindet Cawthray große Erwartungen: „Als wir mit der Planung begannen, war ich überzeugt, dass das für uns ein Aufbruch zu neuen Ufern werden kann, wenn wir es richtig anpacken. Und ich wurde nicht enttäuscht.“
Die beste Voraussetzung es ‚richtig anzupacken‘ ist die Zusammenarbeit mit KHS, für Cawthray ebenfalls ein Novum. Der Dortmunder Systemanbieter war ihm vor allem für seine erstklassigen Dosenfüller und Verpackungsanlagen ein Begriff – zu Recht, wie sich zeigen soll: Vom ersten Ergebnis der neuen Partnerschaft ist der sonst eher besonnen wirkende 62-Jährige regelrecht begeistert – obwohl die beiden Unternehmen aus seiner Sicht erst am Anfang eines, wie er findet, aufregenden gemeinsamen Weges stehen.
Frühe Pioniere
Aufregend ist auch das richtige Wort, um die bisherige berufliche Laufbahn von Andrew Cawthray zu beschreiben: Initialzündung für das Engagement seiner Familie in der Getränkeindustrie ist das bereits 1835 im nordenglischen Bradford gegründete Unternehmen seines Urururgroßvaters George Barraclough. In den 1960er- und 1970er-Jahren entwickelt es sich unter Cawthrays Vater Bernard zu einem regelrechten Branchenpionier im britischen Markt: Das beginnt mit der Einführung der ersten Einweg-Glasflasche in Kooperation mit Morrisons, einer der größten nationalen Supermarktketten. Ab Ende der Siebziger vertreibt der Abfüller die ersten Plastikflaschen auf der Insel und beteiligt sich wenig später erfolgreich an der Einführung von Getränkekartons – mit einer der ersten beiden Linien im Vereinigten Königreich.
Vorreiter ist der Betrieb auch in Sachen PET: 1979 erwirbt Barraclough in Partnerschaft mit dem US-Konzern Continental die erste Lizenz für den 5-Fuß-Petaloidboden in Europa. Die blütenblattförmigen Aus- und Einbuchtungen des Bodens geben der Flasche einen stabilen Stand. Auf die bisher nötige, relativ schwere Bodenschale aus einem anderen Kunststoff kann verzichtet werden. Wie sich herausstellt, sind die einteiligen PET-Flaschen jedoch noch nicht marktreif: An den neuen Böden kommt es immer wieder zu Spannungsrissen. Viele der Behälter sind deshalb unbrauchbar – ein ernsthaftes Problem. Die finanziellen Folgen sind enorm – das Unternehmen muss schließlich Ende 1987 verkauft werden.
»Wir werden unseren Umsatz innerhalb der nächsten fünf Jahre verdoppeln«
CEO von Cawingredients
Auf zu neuen Ufern
Auch wenn der Flur vor seinem Büro mit zahlreichen Fotos und Artefakten aus der Familien- und Firmengeschichte aufwartet, ist Andrew Cawthray ein vorausblickender Mann. Statt sich mit Vergangenem aufzuhalten, bricht er mit Leichtigkeit zu neuen Ufern auf: 1990 gründet er mit 27 Mitarbeitern Macaw Softdrinks, eine 3.000 Quadratmeter große Fabrik für kohlensäurehaltige Getränke. Für das Startkapital von 180.000 Pfund nimmt er eine Hypothek auf sein Haus auf. Das zahlt sich aus: 15 Jahre später beansprucht seine Firma eine Fläche von rund 46.000 Quadratmeter, umfasst fünf Abfülllinien und beschäftigt 430 Mitarbeiter. Damit hat er einen der größten Abfüllbetriebe Großbritanniens aufgebaut.
2005 verkauft Andrew Cawthray sein Unternehmen schließlich für 76 Millionen Pfund an die kanadische Cott Corporation. „Ich hatte mit nicht einmal 40 Jahren einen Herzinfarkt“, erklärt Cawthray. „Und nachdem wir schon einmal eine tiefe Familienkrise überwunden hatten, wollte ich jetzt meine Frau und unsere beiden Töchter finanziell absichern.“ Er denkt kurz nach und fügt lächelnd hinzu: „Außerdem hatte ich genug von den britischen Supermärkten. Außer mit unserem derzeit größten Kunden Aldi machen wir mit ihnen keine Geschäfte.“ Kompromisse sind nicht sein Ding – das merkt man dem unbeugsamen Unternehmer an, der sich selbst als aufrecht und streitlustig bezeichnet. „Wir wollten noch nie die Billigsten sein, sondern haben stets versucht, die Besten zu werden.“
Von Softdrinks kommt er nicht los: 2010 beschließt Cawthray, sein Schicksal wieder selbst in die Hand zu nehmen. Dieses Mal will er seinen Job mit einem angenehmeren Lebensstil verbinden. Nur eine halbe Autostunde von zuhause entfernt geht es in Leeming Bar unter dem Namen Cawingredients erneut an den Start. Von allen Seiten wird ihm große Unterstützung zuteil: „Der Handel, die Lieferanten und die Regionalverwaltung haben viel für uns getan. Selbst einige meiner ehemaligen Führungskräfte haben Cott verlassen, um mit uns das neue Abenteuer einzugehen.“ Auch seine zwei Schwiegersöhne sind Teil des Teams. Einer von beiden ist Richard Harrison. Seit 10 Jahren im Unternehmen, ist der 40-Jährige heute Teilhaber und CEO von Cawingredients und damit längst in Cawthrays Fußstapfen getreten, der dem Unternehmen als Chairman und Joint CEO auch weiterhin zur Verfügung steht.
Temporeicher Neustart
Auch dieser Betrieb des Lohnabfüllers entwickelt sich erstaunlich – sowohl räumlich als auch finanziell. 2013 ist Cawingredients eines der am schnellsten wachsenden Unternehmen Großbritanniens. Das enorme Tempo ist bis heute ungebrochen: „2018 haben wir 57 Millionen Pfund umgesetzt, dieses Jahr prognostizieren wir 80 Millionen “, erklärt Richard Harrison. Auf ihren Lorbeeren ausruhen werden sich die beiden jedoch noch lange nicht. „Wir profitieren davon, dass offenbar immer mehr große Marken in Europa nicht mehr selbst produzieren wollen“, sagt Harrison. „Deshalb sind wir zuversichtlich, dass wir unseren Umsatz innerhalb der nächsten fünf Jahre verdoppeln werden.“ Und sein Schwiegervater resümiert: „Wir sind einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort.“
Alles richtig gemacht haben die beiden aber vor allem bei ihrem erfolgreichen Einstieg ins Dosengeschäft. Die neue KHS-Linie bringt Cawthray regelrecht ins Schwärmen. Zum einen ist es die Technik selbst, die den Branchenprofi begeistert: „Die erstklassige Qualität jeder einzelnen Komponente hat uns buchstäblich umgehauen“, erklärt er. „Bezogen auf den Füller hat mir mein früherer Produktionsleiter sogar gesagt, dass das der beste sei, den er je gesehen habe. Das sagt doch eigentlich alles.“ Höchstes Lob erntet KHS bei den Briten auch für den reibungslosen Ablauf der Prozesse: „Eine so schnelle und effiziente Installation und Inbetriebnahme habe ich noch nie erlebt“, betont Cawthray. Für den Dortmunder Systemanbieter war das ein ausgezeichneter Einstand, möchte man meinen. Fast am wichtigsten aber findet Cawthray die enge persönliche Beziehung. „Wir haben sehr hohe Erwartungen“, betont er. „Für mich ist es enorm wichtig, bei eventuell auftretenden Problemen schnelle und kompetente Abhilfe zu bekommen. Und wir brauchen kurze Reaktionszeiten, speziell im Service, damit unser Betrieb läuft und wir unsere Kunden zufriedenstellen können.“
»Eine so schnelle Inbetriebnahme habe ich noch nie erlebt.«
CEO von Cawingredients
Leidenschaft und Vertrauen
„Wenn man sich auf einen neuen Partner einlässt, muss man ein gemeinsames Verständnis, eine gemeinsame Arbeitsweise entwickeln“, ergänzt Harrison. „Das ist eine komplexe Herausforderung: Wir wollen verstehen, wie KHS funktioniert, zum Beispiel beim anfänglichen Support, bei Ersatzteilen oder Umbauten. Umgekehrt muss KHS die Dynamik unseres Geschäfts verstehen und die Tatsache, dass wir waschechte Unternehmer sind, die ihre Firma mit Leidenschaft führen.“ Im Lauf nur eines Jahres hat sich eine Vertrauensbasis entwickelt, auf der beide Partner ihre Beziehung gemeinsam voranbringen wollen.
Dafür engagiert sich Volker Borngräber, bei KHS Director Regional Center Northern Europe, persönlich: „Andrew weiß, dass er mich buchstäblich Tag und Nacht erreichen kann. Bisher hat er davon nur ein oder zwei Mal Gebrauch gemacht“, betont er. „Und wenn er mich anrief, war ich schon so gut informiert, dass ich ihm spontan helfen konnte.“ Borngräbers Botschaft ist bei den Briten angekommen: „Was wir versprechen, halten wir ein. Die Anlage hat vom Start weg alle Vertragsdaten und KPIs geliefert. Auch für KHS ist die erste Dosenlinie in Leeming Bar ein ganz besonders erfolgreiches und rundum erfreuliches Projekt.“
„Mit unserer Linie erzielen wir tagaus, tagein eine Leistung von 99,9 Prozent“, freut sich Cawthray. „Damit könnten wir nicht zufriedener sein. Umso mehr, weil die Anlage schon vom ersten Tag an voll ausgelastet war.“ Da man bei Cawingredients ganz offensichtlich ein ausgeprägtes Gespür für Trends und Marktbedürfnisse hat, wurde die neue Halle gleich so geplant und gebaut, dass sie noch reichlich Platz für weitere Expansion – und zusätzliche Kunden – bietet.
Und so lange die Auftraggeber bei Cawingredients Schlange stehen, wird ein aus Mangel an Kapazitäten immer wieder verschobenes Projekt wohl auch noch weiter auf sich warten lassen: Die Einführung einer eigenen Produktmarke.