Coca-Cola European Partners, Wakefield, Großbritannien

„Jede Dose zählt!“

12.04.2021 ,

9 Min. Lesedauer

Für die größte Getränkefabrik Europas im britischen Wakefield ist KHS schon seit Jahren ein durch und durch verlässlicher Partner in der Dosenabfüllung und -verpackung. Zu Beginn der Coronakrise konnte der Coca-Cola-Abfüller von der Qualität der Zusammenarbeit besonders profitieren.

Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die nordenglische Stadt Wakefield zu einem der Zentren der britischen Industrialisierung. Hatte der Standort zuvor noch als Hauptlieferant Großbritanniens für Gerste und Malz gegolten, siedelten sich jetzt Wollspinnereien, Ziegeleien und Maschinenfabriken mit starken Verbindungen zum rasch wachsenden Bergbau an. Teil des lokalen Wirtschaftslebens waren auch mehrere Brauereien, sodass der Standort heute auf eine gewisse Tradition in der Herstellung von Getränken zurückblicken kann. Auf dieser baut man erneut auf: Seit 1989 ist die Stadt, die zusammen mit Leeds, Bradford und Huddersfield zu einem der am dichtesten besiedelten Ballungsräume des Landes zählt, Heimat der größten Erfrischungsgetränkefabrik Europas. Dort, in einem von fünf britischen Produktionsstandorten, füllt Coca-Cola European Partners (CCEP) pro Minute bis zu 10.000 Dosen sowie bis zu 1.800 PET-Flaschen an Erfrischungsgetränken ab – 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Das entspricht 45 Prozent des Gesamtvolumens, das CCEP in Großbritannien herstellt, oder – in absoluten Zahlen ausgedrückt – 176 Millionen Verkaufseinheiten* beziehungsweise rund eine Milliarde Liter an fertigen Produkten.

Insgesamt verfügt das Werk über acht Abfülllinien; auf fünf davon werden Dosen mit einem Volumen von 330 und 500 Milliliter abgefüllt, auf den restlichen drei Anlagen PET-Flaschen in den Größen 500 Milliliter sowie von 1 Liter bis 2,25 Liter – insgesamt rund 300 SKUs**. Als Technologiepartner kooperiert der weltweit ­größte unabhängige Coca-Cola-Abfüller mit KHS: Der Dortmunder Maschinen- und Anlagenbauer zeichnet für vier der insgesamt fünf Dosenfüller beziehungsweise für zwei komplette Dosenlinien verantwortlich. Diese beiden Linien 4 und 5 wurden innerhalb eines Jahres installiert und in Betrieb genommen. Nachdem die Linie 4 vom ersten Tag an hinsichtlich Verfügbarkeit und Linieneffizienz ein voller Erfolg ist, beauftragt der Abfüller KHS mit einer zweiten Dosenlinie. Herzstück beider Anlagen ist jeweils der Dosenfüller Innofill Can DVD – hier mit einer Leistung von bis zu 120.000 Dosen pro Stunde.

* Im Coca-Cola-System besteht eine Verkaufs­einheit aus 24 Stück 8 fl. oz. Flaschen, was 5,678 Liter entspricht
** SKU = Stock Keeping Unit, Artikel

Roboter legen „letzte Hand“ an: Der KHS-Palettierer verarbeitet FullyEnclosed-Kartonagen, die bei CCEP im Vereinigten Königreich gegenüber dem in Folie einge­schweißten Shrinkpack zusehends an Bedeutung gewinnen.

Flexibilität gefragt

„Das Ziel unserer Investition war es natürlich, die Kapazität zu erhöhen“, sagt Michail Skarpathiotakis, Senior Project Manager im CCEP-Headquarter in Uxbridge bei London. „Jede Dose zählt!“ Im Fokus standen jedoch vor allem Karton-Multipacks, die es in einer Vielzahl an Formaten vom Vierer- bis zum 30er-Pack gibt. Vor dem Hintergrund der Coronakrise, in der die Menschen mehr Zeit zuhause verbringen, wächst der Absatz dieser Gebinde derzeit zweistellig. Entsprechend leistungsfähig und zuverlässig sind die Innopack Kisters Wrap-Around-Schrumpfpacker, die in die beiden Linien integriert sind.

Als Abfüller, der angesichts eines riesigen Produktportfolios möglichst geringe Lagerbestände anstrebt, legt das Unternehmen Wert auf maximale Flexibilität in der Produktion. Das erfordert vor allem schnelle Formatwechsel. Die Tatsache, dass die neue Linie 5 rund 40 Prozent der verfügbaren Zeit mit Formatwechseln oder Reinigung belegt ist, sagt weniger über die Dauer der Wechsel als über deren Anzahl. Auf die Nachfrage, wie viele es denn seien, antwortet Kerry Morgan-Smith, Operations Manager am Standort Wakefield lachend: „Zu viele.“ Aber angesichts der immer individuelleren Bedürfnisse der Konsumenten sei das der einzig richtige Weg.

»Gemeinsam mit KHS haben wir es geschafft, in nur 12 Monaten zwei komplette Linien zu installieren.«

Kerry Morgan-Smith

Operations Manager, CCEP Wakefield

Schulterschluss: Ferrum und KHS

Der Dortmunder Systemanbieter KHS und das ­unter anderem auf Dosenverschließer spezialisierte Schweizer Unternehmen Ferrum intensivieren ihre langjährige Zusammenarbeit: Grünes Licht von der Kartellbehörde vorausgesetzt, wird KHS als Minderheitseigner an der im Frühling 2020 neu gegründeten Ferrum Packaging AG beteiligt sein. Die US-amerikanische Tochtergesellschaft der Ferrum Packaging AG übernimmt zugleich das KHS-eigene US-amerikanische Verschließergeschäft zusammen mit seinen Mitarbeitern und integriert ­dieses in das gemeinsame Angebot. Ziel ist die globale und ganzheitliche Vermarktung gemeinsamer Produkte: Steht heute noch ein Ferrum-Verschließer in der KHS-Dosenlinie, arbeitet man bereits am Füller-Verschließer-Block aus einer Hand. Mit kürzeren Wechselzeiten und rascheren Reinigungsphasen möchte man einen geringeren TCO erreichen. Außerdem soll das Hygieneumfeld der Anlagen weiter optimiert werden. Auch Serviceangebote wie gemeinsame Überholungen der ­Anlagen und die Integration des KHS-Fernwartungssystems ReDis sind schon in Vorbereitung.

Nachhaltig in jeder Hinsicht

Neben dem Ausstoß und der Effizienz sind auch die Nachhaltigkeitsbestrebungen bei CCEP rekordverdächtig: In puncto Müllvermeidung, Energie- und Ressourcenverbrauch sowie im Recycling setzt das Unternehmen Maßstäbe: Wie alle britischen Produktionsstandorte verfolgt auch Wakefield das Motto „Zero Waste“ – das heißt, dass keinerlei Abfall auf Deponien landet. Alle Verpackungen sind zu 100 Prozent wiederverwertbar. „Ich glaube, dass die Plastikdiskussion nirgendwo in Europa intensiver geführt wird als bei uns in England“, vermutet Andy Carter, bei KHS als Director of Sales für Großbritannien und Irland zuständig. „In unseren Medien ist die Verschmutzung der Umwelt, besonders der Meere, mit Kunststoffabfällen allgegenwärtig. Das hat dazu geführt, dass Konsumenten diesem Thema eine hohe Bedeutung beimessen.“ Überdurchschnittlicher Beliebtheit erfreut sich im Vereinigten Königreich die Getränkedose: Während in Deutschland PET-Flaschen 81 Prozent zum CCEP-Verpackungsmix beisteuern und die Dose lediglich einen Anteil von fünf Prozent hält, beträgt das Verhältnis bei den Briten 46 zu 35 Prozent. Damit sind sie bei der Dose europäischer Spitzenreiter.

Dennoch reagiert der Abfüller auf die wachsende Sensibilität der Verbraucher gegenüber Kunststoffen: „Seit Oktober verwenden wir in unseren PET-Flaschen 50 Prozent Rezyklat“, betont Morgan-Smith. „Das ­entspricht einer Menge von jährlich 21.000 Tonnen. Und wir arbeiten daran, den Anteil weiter zu steigern.“ Auch bei der Sekundärverpackung hat sich das Kaufverhalten verändert: „Wir stellen fest, dass der Anteil der FullyEnclosed-Kartonverpackung wächst – zulasten des in Folie eingeschweißten Shrinkpacks.“

In seiner Energieversorgung ist das Werk in Wakefield auf dem besten Weg zum Selbstversorger: „Wir haben eine Million Pfund in den Bau einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage investiert“, berichtet Morgan-Smith. „Damit erzeugen wir vor Ort erneuerbare Energie und tragen dazu bei, 1.500 Tonnen CO₂ pro Jahr einzusparen. Nicht weit entfernt betreiben wir außerdem einen Photovoltaik-Park in der Größe von 12 Fußballfeldern, der die Fabrik mit Solarstrom versorgt. Damit bestreiten wir etwa 15 Prozent des gesamten Stromverbrauchs und können unseren CO₂-Fußabdruck erheblich reduzieren.“ Inzwischen werden 100 Prozent des eigenen Bedarfs aus erneuerbaren Quellen gedeckt.

Auch bei der schrittweisen Reduzierung des Wasserverbrauchs spielt CCEP in der ersten Liga: Für jeden Liter fertigen Produkts werden rund 1,3 Liter Wasser verbraucht – ein Wert, der sich im Lauf der letzten 15 Jahre halbiert hat.

Beim Materialverbrauch wird ebenfalls großen Wert auf nachhaltiges Handeln gelegt: „Wir haben in der Vergangenheit immer wieder erfolgreich Programme zur Gewichtsreduzierung sowohl unserer Dosen als auch unserer Flaschen durchgeführt“, erklärt Morgan-Smith. „Wog unsere 500-Milliliter-PET-Flasche zum Beispiel 1994 noch 36 Gramm, sind es heute nur noch 19,9 Gramm.“

Wiederholungstäter

Wie für jedes Projekt im Coca-Cola-System, muss sich KHS selbstverständlich dem üblichen Angebotsverfahren unterziehen. Der Konzern verfügt über eine sehr ausgereifte Bieterplattform, die eine umfassende Scorecard mit sowohl kommerziellen als auch quantitativen und qualitativen technischen Parametern beinhaltet. KHS erzielt in dieser Scorecard das beste Ergebnis und erbringt so den Nachweis, dass seine Maschinen die gesteckten Produktivitätsziele unter entsprechenden finanziellen und technischen Voraussetzungen auch bei der Linie 5 erreichen.

Nachdem der Zuschlag erteilt ist, taucht ein unvorhersehbares Hindernis auf, wie Skarpathiotakis sich erinnert: „Schon während der Vorbereitungsphase waren wir plötzlich mit Covid-19 konfrontiert. Das war natürlich eine sehr herausfordernde Zeit für uns alle.“ Andy Carter erzählt: „Die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie galt als systemrelevant. Trotzdem mussten wir einen hohen bürokratischen Aufwand betreiben, um die Notwendigkeit des Projektes zu beweisen und um unseren Kollegen zu ermöglichen, in ganz Europa plötzlich geschlossene Grenzen zu überqueren. In dieser schwierigen Zeit mussten wir eine geschützte Umgebung schaffen, das Social Distancing durchsetzen und die Unterbringung sowie Verpflegung der Mitarbeiter organisieren. Da haben wir alle zusammen an einem Strang gezogen und sehr schnell zu pragmatischen Lösungen gefunden.“ Dafür steht man auch schon mal nachts auf: „Einmal hat mich um zwei Uhr morgens der britische Grenzschutz aus dem französischen Calais angerufen, um zu kontrollieren, ob die dort wartenden Kollegen wirklich zur Einreise berechtigt waren.“

Ausgeklügeltes Layout: Rechts die KHS-Misch­anlage Innopro Paramix C, vorne die Zuführung der Leerdosen zum Füller, links der Transport der gefüllten und verschlossenen Dosen zum Packer.

Zwei Drittel der in Großbritannien von CCEP verkauften Getränke sind ­kalorienarm oder kalorienfrei - mehr als im Rest Europas.

Bevor das Projekt jedoch in die Umsetzung geht, muss zwischen dem Werk in Wakefield und der CCEP-Zentrale erst ein Konsens gefunden werden: Manche der Kollegen vor Ort stehen dem Aufenthalt der auswärtigen Ingenieure und Monteure in der Pandemie anfänglich skeptisch gegenüber. Das Headquarter hingegen möchte die Installation wie geplant vorantreiben. „Als einer der ganz wenigen Vertragspartner, denen während der Zeit des Lockdowns überhaupt Zugang zum Werksgelände gewährt wurde, musste KHS eine Art Vorbildfunktion erfüllen“, erklärt Skarpathiotakis. „Das hat wirklich ausgezeichnet funktioniert.“

»Auf das, was wir hier gemeinsam geleistet haben, können wir alle wirklich stolz sein.«

Michail Skarpathiotakis

Senior Project Manager, CCEP GB

Weitere Informationen über unseren Dosenfüller Innofill Can DVD sowie Videos mit konkreten Anwendungsbeispielen finden Sie auf

khs.com

Installation im Lockdown

Die Installation startet eine Woche nachdem in England der komplette Lockdown verhängt wird. Unter den schwierigen Umständen ist das Projekt auch technisch eine große Herausforderung: „Gemeinsam mit KHS haben wir es geschafft, innerhalb von nur 12 Monaten zwei Linien zu installieren“, sagt Morgan-Smith. „Das haben wir noch nie zuvor gemacht – sonst vergehen immer mindestens drei bis vier Jahre zwischen solchen Projekten. Von Null auf Hundert, und das mitten in der Pandemie. Es war wirklich ein Glücksfall, mit einem so engagierten und herausragenden Team zu arbeiten, in dem jeder Einzelne unsere Bedürfnisse als Kunde in den Mittelpunkt gestellt hat.“ Sie hat in ihrer Laufbahn auch mit anderen Projektteams gearbeitet und kennt die Schwierigkeiten, die zum Beispiel aufgrund von unterschiedlicher Mentalität oder Sprachbarrieren entstehen können. Die Zusammenarbeit mit KHS aber – und hier nennt sie eine ganze Reihe von Mitarbeitern im Team sogar namentlich – sei im Gegenteil äußerst harmonisch, sehr angenehm und vollkommen reibungslos verlaufen.

Am Ende behält die Unternehmensleitung recht: Es gibt keinerlei Infektionen, weil sich alle Beteiligten mit größtmöglicher Disziplin an die äußerst strikten Hygiene- und Abstandsregeln halten. Installation und Inbetriebnahme können problemlos und ohne Verzug erfolgen. Vom ersten Tag an erweist sich die neue Linie als äußerst effizient und übertrifft selbst die höchsten Erwartungen. Am Ende zeigen sich alle mit dem glücklichen Ausgang des Projektes hochzufrieden. „Auf das, was wir hier gemeinsam geleistet haben, können wir alle wirklich stolz sein“, findet Skarpathiotakis, und Kerry Morgan-Smith lacht: „Wie wir das geschafft haben, weiß ich heute immer noch nicht genau …“

Noch Fragen?

Andy Carter

KHS UK Ltd., Solihull

+44 121 713 6925 andy.carter@khs.com