Eine Eins mit neun Nullen
Mit seiner inzwischen dritten Dosenlinie von KHS verdoppelt RHODIUS seine Kapazität in diesem Behältersegment. Ungeachtet schwieriger Rahmenbedingungen setzt der Mineralbrunnen und Lohnabfüller weiterhin auf eine klare Wachstumsstrategie – für sich und für seine Kunden.
Die Getränkedose hat Tradition im rheinland-pfälzischen Brohltal: Bereits 1977 füllt RHODIUS hier als erster Mineralbrunnen Europas sein Wasser in die Weißblechbehälter ab – auf einer Anlage des Dortmunder Systemanbieters KHS. Damals noch eine echte Pioniertat, stellt die Investition die Weichen für eine über 25 Jahre andauernde Erfolgsgeschichte. Mit der Einführung des Dosenpfands in Deutschland bricht im Jahr 2003 der Markt zunächst völlig ein. Anders als viele Wettbewerber beschließt das zwischenzeitlich im Dosenbereich zum Marktführer avancierte Unternehmen, dem Segment und der Technologie weiterhin Vertrauen zu schenken. Zur besseren Auslastung seiner nun wenig genutzten Kapazitäten fokussiert RHODIUS sich auf die Lohnabfüllung.
Innerhalb weniger Jahre können die anfänglichen Einbußen ausgeglichen werden, wobei der Anteil, den die Lohnaufträge zum Gesamtausstoß beitragen, sukzessive auf insgesamt rund 50 Prozent – im Dosenbereich sogar auf rund 90 Prozent – anwächst. Abgefüllt werden hier große Marken ebenso wie kleine, sodass der Kundenstamm mit fast 100 Unternehmen stark fragmentiert ist. Dasselbe gilt für das Sortiment, das insgesamt über 150 verschiedene Produkte umfasst. 2016 wird eine zweite KHS-Linie mit einer Leistung von bis zu 50.000 Dosen pro Stunde installiert, um der wachsenden Nachfrage zu begegnen. Flexibilität und Hygiene werden dabei großgeschrieben: Schließlich sollen die häufigen Produkt- und Formatwechsel auf den beiden Dosenlinien hinsichtlich Abfüllung und Umverpackung möglichst effizient ablaufen
Wachstum ermöglichen
Auch weiterhin setzt RHODIUS mit seiner Wachstumsstrategie ganz auf die Getränkedose: Anfang 2023 investiert das Familienunternehmen rund 15 Millionen Euro, um mit einer dritten KHS-Linie seine Kapazität zu verdoppeln: Jetzt können insgesamt bis zu 200.000 Behälter pro Stunde abgefüllt werden – pro Jahr sind so bis zu 1 Milliarde Dosen möglich. „Wir sind sehr stark mit unseren Kunden gewachsen“, erklärt der geschäftsführende Gesellschafter Hannes Tack. „Heute produzieren wir an jedem Tag der Woche rund um die Uhr. Unser Ziel ist es, auch unseren Kunden zukünftiges Wachstum zu ermöglichen.“
Damit diese von der bei RHODIUS akkumulierten Expertise umfassend profitieren und möglichst optimal betreut werden, hat man in Burgbrohl ein eigenes Vertriebs- und Serviceteam gebildet, das sich ausschließlich um die Belange von Lohnkunden kümmert. Als „Can Filling Experts“ positioniert, spielt das Unternehmen unter dem Motto „CANformation“ zum Beispiel beim jährlichen Kundenevent „Can Day“ konsequent seine Trumpfkarten aus, wenn es um Technologie, Produktqualität und -vielfalt oder Nachhaltigkeit geht.
Räumliche Herausforderungen
Im Zuge der Planung und Realisation der neuesten Investition stellt sich eine ganze Reihe von Herausforderungen. Eine der größten betrifft die räumlichen Gegebenheiten am Firmenstandort, der im engen Brohltal nicht beliebig erweiterbar ist: „Für die neue Anlage stand ein dunkler alter Raum zur Verfügung, in dem zunächst eine ausgemusterte Glaslinie abgebaut werden musste, bevor die Halle saniert werden konnte“, erinnert sich Gerd Bodenheimer, Senior Sales Manager bei KHS, an den Projektstart. „Da wir im Leerdosenbereich jeden Zentimeter bis unter die Decke nutzen müssen, haben wir von Anfang an – schon während der Angebotsphase – auf unsere innovative 3D-Planung gesetzt.“ Dafür werden Laserscans der bestehenden Bausubstanz erstellt, um die tatsächliche Situation möglichst exakt erfassen zu können. „Ein Vorteil dieser Methode ist, dass wir eine höhere Planungssicherheit haben, weil alles, was stört oder im Weg steht, schon im dreidimensionalen Layout berücksichtigt werden kann – in diesem Fall zum Beispiel eine Stütze, um die wir die Palettierungsanlage herum planen und bauen mussten. Am wichtigsten aber ist, dass wir mit Hilfe der 3D-Anlagenplanung frühzeitig gemeinsam mit den Bedienern die Ergonomie und das Bedienkonzept der Maschinen überprüfen können, um später einen reibungslosen Ablauf zu ermöglichen.“ Dass die fertigen Packs zur Palettierung dann mittels zweier Spiralförderer über eine Höhe von neun Meter zwei Stockwerke nach oben transportiert werden, ist nur eines von vielen weiteren Details.
Weitere Herausforderungen bestanden neben der riesigen Produkt- und Verpackungsvielfalt vor allem in den hohen Qualitätsanforderungen sowie den ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeitszielen der neuen Linie. Für jeden dieser Aspekte bietet KHS Lösungen, um die Flexibilität, Qualität und Leistungsfähigkeit bereitzustellen, die RHODIUS angesichts seiner anspruchsvollen Ziele benötigt. „Die neue Linie schafft bis zu 99.000 Dosen pro Stunde – das Doppelte unserer bisherigen Anlagen, aber mit dem gleichen Personalaufwand. Damit ist sie natürlich ungleich effizienter und hilft uns, den Kostensteigerungen, mit denen wir in Deutschland derzeit konfrontiert sind, entgegenzuwirken“, freut sich Tack.
„Unseren besonderen Hygieneanforderungen genügt die Anlage zum einen durch den Hygieneraum im Bereich der Füller-Verschließer-Einheit und zum anderen mit einer doppelten Spülung mit Schwerkraft- sowie Vakuumtrommelrinsern – das gibt uns die Sicherheit, dass die Behälter wirklich rein sind, bevor sie befüllt werden.“
50 Jahre Seite an Seite: Rhodius und KHS
Seit Jahrzehnten verbindet eine historisch gewachsene, enge Partnerschaft den Getränkeabfüller aus der Vulkaneifel mit dem Anlagen- und Maschinenbauer aus Dortmund. In den Siebzigerjahren mit der ersten KHS-Dosenlinie gestartet, verfügt RHODIUS davon heute über drei sowie über eine PET-, eine Keg-, eine BIB- und eine Glas-Mehrweglinie. Sich im Wesentlichen auf einen Technologiepartner zu verlassen, ist eine strategische Entscheidung: „KHS überzeugt uns in der Projektierung, der Installation sowie der Inbetriebnahme“, stellt der geschäftsführende Gesellschafter Hannes Tack fest. „Und im laufenden Betrieb sorgt KHS für größtmögliche Anlagenverfügbarkeit. Zudem vereinfacht der Fokus auf einen Lieferanten den Alltag unseres technischen Personals, zum Beispiel durch einheitliche Bedieneroberflächen, ähnliche Funktionsweisen der Maschinen oder das Vorhalten von Ersatzteilen.“ Dass die Ansprechpartner sich seit Jahren kennen, vereinfacht die Kommunikation ungemein und stellt sicher, dass der Systemanbieter mit den Bedürfnissen und Ansprüchen von RHODIUS genau vertraut ist. Umgekehrt profitiert auch KHS von der Nähe zu dem Abfüller: „Zusammen mit einem so innovativen Kunden können wir Neuland betreten“, erklärt Senior Sales Manager Gerd Bodenheimer von KHS. „RHODIUS ist für uns fast schon so etwas wie eine ‚Spielwiese‘, auf der wir Prototypen testen und weiterentwickeln können“. Hinzu kommt die räumliche Nähe: Burgbrohl liegt ziemlich genau in der Mitte zwischen vier der fünf deutschen KHS-Werke in Dortmund, Bad Kreuznach, Kleve und Worms: Will man anderen Getränkeherstellern ein Referenzprojekt bei dem Vorzeigekunden präsentieren, ist der Weg nicht weit.
Eingebautes Alkoholmodul
Ein Feature, das den Unternehmer in der achten Familiengeneration besonders begeistert, ist das in den Mixer eingebaute Alkoholmodul, das KHS für Neumaschinen als Option anbietet. Diese Entwicklung erlaubt es, Getränken direkt im Mixer hochprozentigen Alkohol zuzugeben. Dadurch wird der Sirupraum stark entlastet, in dem alkoholhaltige Produkte bisher ausgemischt werden mussten. Dieser Vorgang erfordert einen gewissen Anteil an händischen Tätigkeiten und birgt – besonders im höherprozentigen Bereich – das Risiko ungenauer Messergebnisse am Ende der Mischprozesses. „Das Alkoholmodul macht die Linie technisch sehr interessant“, findet Tack und erklärt: „Es bringt uns eine konstant hohe Qualität, die durch im Abstand von 10 Sekunden erfasste exakte Messwerte ermöglicht beziehungsweise bei kleinsten Abweichungen automatisiert korrigiert wird“, stellt er zufrieden fest. Wenn man wie RHODIUS auch hochprozentige Mixgetränke, zum Beispiel für den afrikanischen Markt, abfüllt, ist das besonders wichtig.
Als Getränkehersteller, der heute schon klimaneutral produziert, legt das Traditionsunternehmen sein Augenmerk auf Energieeffizienz, die ökologische ebenso wie ökonomische Vorteile bietet, wie Tack betont: „Nachhaltigkeit spielt für uns eine zentrale Rolle. Deshalb achten wir bei unseren Investitionen darauf, dass Technologien zum Einsatz kommen, die so wenig Energie wie möglich verbrauchen. Gerade unter diesem Gesichtspunkt ist die KHS-Linie auf dem neuesten Stand der Technik – insbesondere in den energieintensiven Maschinen wie dem Pasteur oder der Füller-Verschließer-Einheit.“
In puncto Sekundärverpackung schließlich lässt die Anlage ebenfalls keine Wünsche offen. „Ob bei der Ausmischung der Getränke selbst oder bei der Verpackungsvielfalt, die unsere Kunden einfordern, scheuen wir keine Komplexität“, stellt Tack klar. Kein Wunder, steht ihm doch mit der vollautomatischen und modularen Verpackungsmaschine Innopack Kisters WSP eine technische Ausstattung zur Verfügung, die selbst dem größten Variantenreichtum keine Grenzen setzt: Von der Kartonage über Tray und Schrumpffolie bis hin zum Wraparound-Karton, bei dem das Gebinde von Pappe umschlossen wird. Letzteres ist besonders für den Export relevant, weil es den empfindlichen Behältern einen guten Rundumschutz bietet. Speziell der Trockenteil wurde zusammen mit KHS bei aller Flexibilität so geplant, dass in Zukunft noch weitere Möglichkeiten ausgeschöpft werden können: „Wir sind stets offen für Neues“, sagt Hannes Tack. „Das Layout lässt die Integration von bis zu zwei weiteren Packern zu.“ Vorstellbar wäre beispielsweise das Nature MultiPack, das Getränkedosen nur mit Klebepunkten zu einem Pack zusammenfügt, oder der „TopClip“, ein Aufsatz aus Karton. Immer mehr seiner Kunden sowie die Endverbraucher legten Wert auf die Reduzierung von Verpackungsmaterial, insbesondere von Plastikfolie.
Ausgeklügelte Logik
Vom Packer gehen die Multipacks zum Palettierzentrum, wo sie mit Hilfe von zwei Innopal-RG-Robotern zu palettierfähigen Lagen zusammengestellt werden. Diese stapelt ein platzsparender Innopal-PB-HS-Palettierer, sodass sie anschließend transportsicher verpackt werden können. Hier läuft im Übrigen der Output aller drei Dosenlinien über eine Bandsteuerung mit Direktabnahme auf ein gemeinsames Speedloader-System. „Das erfordert sowohl eine ausgeklügelte Logik als auch eine solide physische Anbindung“, erklärt Tack. „Beides hat KHS sehr gut gemeistert.“ Vom Produktionswerk geht die Ware in das in der Ortsmitte gelegene Logistikwerk, dem Startpunkt für die Auslieferung, das ebenfalls längst an räumliche Grenzen stößt. Abhilfe ist in Sicht: Bis Herbst 2023 wird das neue Logistikzentrum mit einer Hallen- und Bürofläche von fast 25.000 Quadratmeter und unmittelbarer Autobahnanbindung fertiggestellt sein.
Wie lassen sich die erheblichen Investitionen mit der aktuell angespannten Wirtschaftslage vereinbaren? Tack räumt ein, dass sich angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine die wirtschaftliche Gesamtsituation eingetrübt habe und die Kaufkraft im Vergleich zum Vorjahr aufgrund der Inflation rückläufig sei. Langfristig erwartet er aber eine Fortsetzung des Erfolgskurses. Schon in der Vergangenheit hat er mit seiner Zuversicht Recht behalten: „Die Pandemie und die damit verbundenen wiederholten Lockdowns hatten keinen negativen Einfluss auf die Gesamtnachfrage. Im Gegenteil: Der Absatz im Lebensmitteleinzelhandel ist regelrecht geboomt.“
Grundbedingung Vertrauen
Wenn jedoch weitreichende Expansionsentscheidungen anstehen, verlässt sich der 40-Jährige nicht auf sein Bauchgefühl: „Für uns ist wesentlich, dass wir eine gut vorbereitete Strategie verfolgen, die wir sowohl intern als auch extern verifizieren und hinterfragen. Neben unserem eigenen Know-how nutzen wir dafür das unserer Kunden. Und wir haben einen Beirat, mit dem wir größere Investitionen diskutieren.“ Dennoch gebe es keine hundertprozentige Erfolgsgarantie, sodass am Ende immer auch eine gewisse Portion Glück erforderlich sei.
Als eine der Grundbedingungen für das Gelingen neuer Projekte bezeichnet Tack das Vertrauen sowie die Verlässlichkeit und Authentizität der Beziehung zum Technologiepartner KHS. „Wir arbeiten schon seit vielen Jahren sehr partnerschaftlich und lösungsorientiert zusammen und können sämtliche Herausforderungen ganz offen und auf Augenhöhe besprechen. Das führt dazu, dass wir uns als Kunde verstanden und unsere Bedürfnisse ernstgenommen fühlen.“ Natürlich gehöre dazu, dass es manchmal weniger angenehme Themen gebe, die es zu klären gelte. Dazu fallen Tack die weltweit auftretenden Lieferkettenengpässe ein, von denen die neue Linie trotz aller Bemühungen von KHS um alternativen Lösungen zeitlich betroffen war. Umgekehrt sind es die erfreulichen gemeinsamen Erlebnisse, die eine besondere Verbindung schaffen – zum Beispiel, wenn am Ende einer monatelangen Projektzusammenarbeit die neue Dosenlinie schon beim ersten Test mit einer Abnahmeleistung von 95 Prozent glänzt.