Die Wurzeln von KHS reichen bis in das Jahr 1868 zurück. Damals entschlossen sich Louis Holstein und Carl Kappert zur Gründung der Firma Holstein & Kappert mit deren Kernkompetenzen Flaschenreinigung und Flaschenfüllung am Standort Dortmund. Seit dieser Zeit hat sich das Unternehmen vom deutschen und europäischen zu einem international operierenden Hersteller von Abfüll- und Verpackungsanlagen permanent weiterentwickelt und ist gleichzeitig im Heimatmarkt höchst präsent geblieben. So produziert KHS innerhalb Europas an fünf deutschen Standorten, und in der Market Zone Europe/GUS sind insgesamt 22 Vertriebsstützpunkte etabliert, die etwa ein Drittel des weltweiten KHS-Umsatzes auf sich vereinen. Wie sich die KHS-Erfolgsgeschichte in Europa entwickelte, aus welchen Gründen sich Unternehmen hier bis zum heutigen Tag ganz gezielt für KHS als Lieferant des Vertrauens aussprechen, was für Trendbewegungen KHS in der europäischen Getränkebranche beobachtet und wo Zukunftsvisionen von KHS im europäischen Markt liegen – zu allen diesen Punkten äußert sich Edgar Petsche, Leiter Market Zone Europe/GUS, in nachfolgendem Interview.

KHS competence: Herr Petsche, in Europa, dem Heimatmarkt von KHS, hat das Unternehmen eine beeindruckende Erfolgsgeschichte geschrieben. Welche waren Ihrer Meinung nach die wesentlichsten Schritte?

Ein wesentlicher Schritt war die Fusion der Unternehmen H & K und SEN* zur heutigen KHS im Jahr 1993. Damit fand eine Bündelung von Kompetenzen statt, die sich auch in den darauffolgenden Jahren durch die Integration weiterer Unternehmen in den KHS-Verbund stimmig fortsetzte. So treten wir heute als Komplettanbieter auf und realisieren einen großen Teil unseres Neumaschinengeschäfts, genauer gesagt etwa zwei Drittel, mit Linien­verkäufen. Von hoher Bedeutung ist auch, dass wir mit unseren zahlreichen Vertriebsstützpunkten innerhalb Europas flächendeckend vertreten sind. 1962 begannen wir erstmals mit der Etablierung eigener Gesellschaften in der Schweiz. Anfang der 1970er Jahre folgten die Niederlande, Frankreich, Großbritannien, Österreich und Skandinavien. Direkt nach der Wende fingen wir an, Stützpunkte in Osteuropa – allen voran in Russland mit Moskau – einzurichten. Jüngste Büroeröffnungen fanden in Zentralasien und im Kaukasus statt. Insgesamt gesehen verfügen wir heute über 22 europäische Niederlassungen, von denen zwölf eigene Gesellschaften sind – organisiert innerhalb der drei Regional-Center Nordeuropa, Südeuropa und Osteuropa. Damit sind wir hervorragend aufgestellt und bei unseren Kunden zügig vor Ort. In naher Zukunft planen wir den Ausbau unserer Aktivitäten sowohl in Osteuropa – hier insbesondere in Zentralasien und im Kaukasus – als auch in Zentraleuropa mit Schwerpunkten in Skandinavien, Großbritannien und Frankreich. Unser Fokus ist des Weiteren darauf gerichtet, über alle Niederlassungen hinweg noch mehr an Servicepersonal zu etablieren, um unserer Vision der Serviceführerschaft gezielt Rechnung zu tragen.

Edgar Petsche

Edgar Petsche,

Leiter Market Zone Europe/GUS, KHS GmbH, ist ein Vollblut-Vertriebsprofi. Sein Anspruch lautet: »Jedem Kunden vollumfängliche Betreuung bieten – angefangen beim ersten Beratungsgespräch zur gewünschten Maschine oder Linie über deren Inbetriebnahmephase bis hin zur Wartung während ihres kompletten Lebenszyklus.«

Die Thematik Maschinenbau beschäftigt den 1967 in Ontario, Kanada, geborenen Petsche bereits seit seiner Schulausbildung. 

So wählte er schon in der Oberstufe des technischen Gymnasiums den Schwerpunkt Maschinenbau und stieg nach dem Studium des Maschinenbaus 1993 in das Unternehmen im Bereich Keg-Anlagen ein. 1994 wechselte Petsche hier in den Bereich Vertrieb und betreute neben Nordamerika insbesondere die osteuropäischen Länder. 1997 stieg er zum regionalen Vertriebsleiter auf. 2006 bis 2010 übernahm er bei KHS die Vertriebs- leitung innerhalb der Market Zone Africa/Middle East. Seit 2010 ist Petsche KHS-Leiter Market Zone Europe/GUS.

Auf welchem Rang steht KHS in Europa aktuell unter den Herstellern von Abfüll- und Verpackungstechnik für die Getränkebranche?

Wir konnten in den letzten Jahren permanentes Wachstum, davon das größte in Zentraleuropa, verbuchen und sind im europäischen Markt eine sehr gefestigte Nummer zwei im internationalen Wettbewerb.

Was sind Ihrer Meinung nach die ausschlaggebenden Gründe dafür, dass sich die Branche besonders gerne für KHS-Technik entscheidet?

Das ist von Region zu Region unterschiedlich. In Zentraleuropa bemerken wir bei zahlreichen Unternehmen beispielsweise die Tendenz zu besonders innovativen und gleichzeitig nachhaltig agierenden Maschinen- und Anlagenkonzepten. Hier ist KHS als Innovations- und Technologieführer gefragt. Dagegen wird in noch zu entwickelnden Ländern wie zum Beispiel in Osteuropa oder in Zentralasien mehrheitlich kostengünstige, zuverlässige und einfach zu bedienende Technik gefordert. Wir als KHS setzen alles daran, für jeden unserer Kunden eine auf ihn maßgeschneiderte Lösung anzubieten.

Das klingt nach einer optimalen KHS-Serviceleistung von Beginn an.

Das ist so. Wir bieten unseren Kunden ein ganzheitliches Konzept, das eine detaillierte Beratungsleistung in der Angebotsphase bis hin zur Investitionsentscheidung ebenso umfasst wie die Betreuung nach der Inbetriebnahmephase und vor allem natürlich über den kompletten Lebenszyklus der Maschinen und Anlagen hinweg. Generell lässt sich zwischen unterschiedlichen Service-Paketen und -Einzelleistungen wählen und somit völlig individuell agieren. Falls gewünscht, bietet KHS auch ein »Rundumsorglos-Paket« für die Anlagen der Kunden.

Geht der Trend in Europa denn hin zu Service-Gesamtpaketen?

Auf jeden Fall. Das Thema Service gewinnt zunehmend an Bedeutung. Insbesondere hier sind intelligente Konzepte gefragt, um die höchstmögliche Verfügbarkeit der Maschinen und Anlagen bei ganzheitlicher Kostenbetrachtung sicherzustellen. Letztlich tragen Rundum-Service-Pakete also zu einem erhöhten Ausstoß, nachhaltigerer Produktion, geringeren Stückkosten und gesteigerter Wettbewerbsfähigkeit bei. In den letzten drei, vier Jahren konnten wir allein im Bereich Service jährliche Umsatzzuwächse im zweistelligen prozentualen Bereich verbuchen.

Zählt KHS in Europa kleine Unternehmen in ebenso starkem Umfang zu seinen Kunden wie Großkonzerne?

Alle Global Player der Getränkebranche, die in Europa aktiv sind, gehören auch zum KHS-Kundenstamm. Genauso wie zahlreiche Kleinbetriebe und Mittelständler. Häufig wachsen Unternehmen über die Jahre und Jahrzehnte hinweg gemeinsam mit KHS-Technik. Ein Beispiel dafür ist die ukrainische Brauerei Obolon. 1993 lag der Bierausstoß hier bei zirka 0,5 Millionen Hektolitern, mittlerweile ist das Unternehmen bei Absätzen von über 10 Millionen Hektoliter angelangt. Bis zum heutigen Tag produziert Obolon so gut wie ausschließlich mit KHS-Technik. Über die Jahre hinweg lieferte KHS hier vier Glas-, sechs PET-, zwei Dosen-, zwei Keg- und drei Filteranlagen sowie einen vollautomatischen Sirupraum. Oder die niederländische Brauerei Bavaria, deren jährliche Absätze heute bereits eine Größenordnung von zirka 6 Millionen Hektolitern erreicht haben. Der Familienbetrieb setzt seit Ende der 1980er Jahre auf KHS und verfügt heute über zehn KHS-Verpackungsmaschinen und zahlreiche weitere KHS-Einzelmaschinen wie Abräumer und Pasteure. Erst jüngst fand zudem die Investition in zwei Turnkey-Dosenanlagen statt. Sicherlich ist diese Treue nicht nur unseren qualitativ hochwertigen technischen Lösungen, sondern auch unserer Beratungs- und Servicekompetenz zu verdanken.

»Alle Global Player der Getränke­branche, die in Europa aktiv sind, gehören auch zum KHS-Kunden­stamm. Für sie bieten wir ganz genauso maßgeschnei­derte Lösungen wie für Kleinbetriebe und Mittelständler.«

Alle diese Erfolge klingen fast zu schön, um wahr zu sein. Bestimmt gibt es bei dem einen oder anderen Kunden über die Zeit hinweg doch auch kritische Projekte und Situationen?

Selbstverständlich. Gerade was die Problemlösungskompetenz angeht, werden wir häufig gefordert. Beispiel Unicer: Bei Unicer handelt es sich um das absatz- und umsatzstärkste Getränkeunternehmen Portugals. Das Unternehmen fasste kürzlich den Entschluss, alle Brau­aktivitäten an einem Standort zu zentralisieren und einen weiteren zu schließen. Im Rahmen der Modernisierung, Effizienzsteigerung und Erweiterung des Standorts stand die Investition in neue Abfüll- und Verpackungstechnik an. Forderung war: Von der Planung bis zur Inbetriebnahme von neun Linien und Maschinen durften gerade einmal 15 Monate vergehen. Bei Betrachtung des Liefer­umfangs von zwei Turnkey-Glaslinien, drei Füllern, drei Keg-Reinigungs- und -Füllsystemen und einem Pasteur ist das ein sehr knappes Zeitfenster. Im Fall der Einzelmaschinen war die Herausforderung, diese in bestehende Anlagen innerhalb kürzester Zeit passgenau zu integrieren. Was die Turnkey-Linien anging, mussten vorhandene Linien zeitgerecht abgebaut und neue Linien nach Überarbeitung der Böden, Anschlüsse et cetera ebenso zeitgerecht eingebracht und in Betrieb genommen werden. Wir konnten das knappe Zeitfenster einhalten. Allerdings nur deshalb – und das sehe ich als Grundvoraussetzung für jedes Projekt, das gut laufen soll –, weil die Teamleistung zwischen Unicer und KHS hervorragend war. Gleiches lässt sich von dem jüngsten Projekt für die Holsten-Brauerei, einer Turnkey-Glaslinie, sagen. Hier hatten wir ab letzter Flasche Altanlage bis erste Flasche Neuanlage für den Aufbau gerade einmal 18 Tage zur Verfügung. Diese Zeitspanne durfte in keinem Fall überschritten werden, um die Lieferfähigkeit der Brauerei zu gewährleisten. Wir haben das gemanagt. Ohne eine sehr gute Vorplanung und die unbedingte Zusammenarbeit von KHS- und Holsten-Team wäre das meiner Meinung nach jedoch nicht machbar gewesen. Von hoher Bedeutung ist bei derart kritischen Projekten, alle Eventualitäten vorab bereits durchzuspielen. Generell sehe ich eine saubere und gründliche Vorarbeit als Garant für den späteren Erfolg. Natürlich ist es nicht wegzudiskutieren, dass wir uns bei sämtlichen Aktionen im wahren Leben befinden und es immer wieder zu dem einen oder anderen Vorfall kommt. Beispielsweise zu einer Verzögerung bei der Lieferung von Maschinen aufgrund von Problemen, die wir in der Endmontage oder durch ein fehlendes Zukaufteil hatten. Wesentlich ist dann, so früh wie möglich vollkommen offen mit dem Kunden darüber zu sprechen und eine gemeinsame Lösung zu finden.

Sie sprachen gerade über die KHS-Problemlösungs­kompetenz im Bereich Glaslinien. Ist KHS nicht auch im Bereich PET-Turnkey-Anlagen stark aufgestellt?

Seit der Integration von KHS Corpoplast und KHS Plasmax in die KHS-Gruppe bieten wir in diesem Bereich ein ganzheitliches Konzept. Und das beinhaltet nicht nur die komplette Technik, sondern auch jede Menge Beratungsleistung zur PET-Flaschen-Gestaltung im Rahmen unseres Bottles-&-Shapes-Konzepts. Zudem halten wir mit KHS Plasmax eine Barrierebeschichtungslösung bereit, die einen besonders hohen Qualitätsschutz für abgefüllte Getränke über eine besonders lange Zeitspanne bietet. Unsere Kunden honorieren unsere PET-Anlagen-Kompetenz immer deutlicher und so steigt unser Absatz an PET-Anlagen von Jahr zu Jahr. Beispielsweise konnten wir 2013 bei PET-Anlagen im Vergleich zum Vorjahr einen zweistelligen prozentualen Zuwachs verzeichnen. Als besonderen Erfolg sehen wir es, dass Coca-Cola Enterprises im letzten Jahr in eine »State of the Art«-KHS-PET-Linie investierte, die am Standort Clamart, Frankreich, nun zur besten Zufriedenheit läuft. Des Weiteren entschied sich 2013 beispielsweise der Carlsberg-Konzern für gleich drei PET-Linien. Aber auch deutsche Mineralbrunnen wie die Brandenburger Urstromquelle orderten 2013 KHS-PET-Anlagen-Technik.

Sehen Sie KHS auch bei den Dosenlinien derart gut aufgestellt?

Hier hat KHS historisch bedingt einen sehr hohen Marktanteil und wird vielfach als »Technik-Trendsetter« bei Dosenfüllern gesehen. Jüngste Aufträge zu Dosenlinien erteilten beispielsweise die polnische Brauerei Kastellan (Carlsberg), die dänische Brauerei Unibrew oder auch die spanische Brauerei Hijos de Rivera.

Als Leiter Market Zone Europe/GUS haben Sie einen tiefen Einblick in das Branchengeschehen. Welche weiteren Trendbewegungen bemerken Sie innerhalb der europäischen Getränkebranche?

In ganz Europa gibt es einen eindeutigen Trend hin zur Produkt- und Formatvielfalt, und zwar über alle Getränkebereiche hinweg. Gleichzeitig schreiben neben den globalen die regionalen Produkte eine immer weiter gehende Erfolgsgeschichte. Folglich positionieren sich die regional tätigen Unternehmen neben den Global Playern immer stärker. Ein Beispiel für den Trend zu regionalen Produkten ist die Entstehung vieler neuer Kleinbrauereien – sowohl in Ost- als auch in Westeuropa. Damit setzt sich in Europa eine Entwicklung fort, die in den USA mit den Craft Breweries startete.

»Häufig wachsen Unternehmen über die Jahre und Jahrzehnte hinweg gemeinsam mit KHS-Technik.«

Welche Getränkekategorien haben Ihrer Meinung nach innerhalb Europas künftig besonders gute Wachstumschancen?

Die Tendenz ist, dass der Verbraucher gesünder konsumieren möchte. Das kommt Produkten wie Wasser und weiteren alkoholfreien Getränken ohne Konservierungsstoffe und mit wenig bis keinem Zuckerzusatz sehr entgegen. Während in Westeuropa die Hinwendung zu gesunden Getränken schon über eine längere Zeitspanne anhält, ist das gesundheitsbewusste Trinken in Osteuropa gerade im Entstehen. KHS profitiert von der Entwicklung durch eine künftig zu erwartende noch stärkere Nachfrage nach aseptischen und Ultra-Clean-Konzepten.

Und was ist mit der Entwicklung der unterschiedlichen Gebinde?

Im alkoholfreien Bereich geht der globale Trend weg von Karton- und Glasverpackungen, hin zum PET-Gebinde. Was Bier betrifft, werden PET-Flaschen im osteuropäischen Markt und hier insbesondere in Russland auch künftig gefragt sein. In Westeuropa sehe ich immer noch eher Zurückhaltung bei der PET-Bierflasche. Glas wird hier ebenso wie in der Wein-, Sekt- und Spirituosenbranche das Gebinde der Wahl bleiben.

Wie sehen Sie – basierend auf den genannten Trendbewegungen – die Zukunft von KHS in der Market Zone Europe/GUS?

Wir haben über die letzten Jahre hinweg kontinuierlich Marktanteile gewonnen und möchten für unsere Kunden auch weiterhin der »supplier of choice« bleiben und unserer definierten Aufgabe der Innovations- und Serviceführerschaft nachkommen. Dabei werden die Begriffe Tradition, Partnerschaft, Verlässlichkeit, Excellence in Execution jederzeit einen hohen Stellenwert einnehmen. Von der Gebindeseite aus betrachtet wollen wir insbesondere bei PET-Anlagen noch deutlicher zulegen. Branchenseitig sehen wir in Zukunft noch einiges Potenzial in der Wein-, Sekt- und Spirituosenindustrie und – was unsere aseptischen Lösungen und die ESL-Technik angeht – neben den traditionellen sensitiven Produkten auch bei Milchprodukten.

Herr Petsche, vielen herzlichen Dank für das Gespräch.


Das Interview führte Friederike Arndt.