Einen außergewöhnlichen Start hat Taskin ­Kilincat am KHS-Standort Bad Kreuznach erwischt. Sein erster Arbeitstag als neuer ­Global Product ­Account Manager für MES und IIoT war am ­20. ­April 2020, also mitten in der Hochphase der Coronakrise. „Die ersten drei Wochen meiner Einarbeitung habe ich im Home-Office verbracht, wo ich meine neuen Kollegen und ihre Aufgabenbereiche nur im Austausch über Skype kennenlernen konnte.“ Corona biete zwar nicht die optimalen Rahmenbedingungen, um eine neue Stelle anzutreten, andererseits sei das aber „definitiv mal eine Erfahrung der besonderen Art“ gewesen, wie er rück­blickend feststellt.

Trotz seiner technischen Ausbildung als Ingenieur hat sich Kilincat schon immer zur „dunklen Seite der Macht“ hingezogen gefühlt, wie er den Vertrieb mit Blick auf den vermeintlichen Rollenkonflikt der beiden Unternehmensbereiche scherzhaft bezeichnet. „Mit 16 habe ich in einem Baumarkt gejobbt, wenn ich nachmittags aus der Schule kam. Hier war ich nicht nur im Verkauf tätig, sondern habe auch eine kleine Gruppe von Gleichaltrigen gemanagt, von denen einige schon in der Ausbildung für verschiedene Gewerke am Bau waren. Zusammen haben wir für Kunden kleinere Projekte übernommen.“ Im Alter von 18 Jahren lernt Kilincat einen Versicherungsmakler kennen, bei dem er – parallel zu seinem Studium – das Vertriebshandwerk von der Pike auf lernt. Zwischenzeitlich unterhält er eine eigene Versicherungsagentur mit bis zu neun Mitarbeitern und entdeckt, wie viel Spaß es ihm macht, Menschen zu führen und weiterzuentwickeln. Mit 21 gründet er in seinem Heimatort Offenbach ehrenamtlich eine Nachhilfeschule und setzt sich zum Ziel, das Beste aus den Schülern herauszukitzeln. ­„Jeder Mensch hat etwas extrem Wertvolles anzubieten“, ­findet er und bezieht das auch auf seine Vertriebserfahrung: „Ein guter Verkäufer muss aus diesen Stärken heraus mit seinen Kunden ein gemeinsames Ziel erarbeiten und umsetzen. Das ist mein roter ­Faden, seitdem ich 16 ­Jahre alt bin. Im Großen und Ganzen hat sich die Art, wie ich denke, seitdem nicht verändert.“

»Ingenieure sind wie große Kinder, die Bestehendes hinterfragen, Dinge analysieren und Probleme lösen.«

Taskin Kilincat

Global Product Account Manager für MES und IIoT

 

Schnittstelle zwischen Vertrieb und Technik

Als kleiner Junge habe er sich überlegt, Ingenieur werden zu wollen, der in der Raumfahrt arbeitet und zum Mond fliegt. „Das mit dem Ingenieur hat schon mal geklappt, das mit dem Mond kann ja noch werden“, konstatiert er lachend. Technik hat ihn schon damals begeistert. Kilincat findet, dass Ingenieure im Grunde wie große Kinder sind, die Bestehendes hinterfragen, Dinge analysieren und Probleme lösen.

Der Weltraum begleitet ihn auch bei seinen ersten Schritten als angehender Mechatronik-Ingenieur: Bei der IT- und Businessberatung CGI programmiert er unter anderem ein Ticket-Tool für die Kommunikation mit der Europäischen Weltraumorganisation ESA.

Nach einem vierjährigen Engagement als Systemintegrator bei Actemium ist Kilincat von 2018 bis 2020 bei der Bühler Group tätig. Als Internationaler Verkaufsleiter Automatisierung trägt er hier dafür Verantwortung, mit Hilfe neuer Technologien wie einem Motion-Control-System oder Sensoren sowie datenbankbasiertem Benchmarking und Ressourcenplanungstools für eine Effizienzsteigerung bei Bestandsanlagen in der Schokoladenformung zu sorgen.

Kilincat sieht sich – wie viele seiner Kollegen – an der Schnittstelle zwischen Vertrieb und Technik. Es sei wichtig, dass man sich gegenseitig verstehe und zum Beispiel beurteilen könne, was mit welchem Aufwand umsetzbar sei. Als Global Product Account Manager für MES und IIoT-Lösungen bei KHS ist es weniger seine Aufgabe, als Einzelkämpfer an der Vertriebsfront zu stehen. Ein Fokus seiner Tätigkeit richtet sich darauf, seinen im Maschinenbau versierten Vertriebskollegen zusätzlich IT-Akzeptanz und -Affinität zu vermitteln. So kann die vorhandene Struktur genutzt werden, um digitale Projekte beim Kunden aktiv zu besprechen und zu platzieren. Ein anderer Teil seines Jobs umfasst die Beobachtung der Marktbedürfnisse sowie den Abgleich mit dem bestehenden KHS-Portfolio. Ziel ist es, zusammen mit den Kollegen aus dem Line Engineering, dem Service sowie den jeweiligen Product Centers rechtzeitig Entwicklungspotenziale zu identifizieren.

Mit den Kunden kommuniziert er, solange Dienstreisen aufgrund von Corona weitgehend unmöglich sind, auf den Kanälen, mit denen die Digitalisierung steht und fällt. Seine Vertriebskollegen binden ihn stark ein: Sie stellen den Kontakt zu den richtigen Ansprechpartnern her und informieren ihn über die Entscheidungswege und die jeweiligen digitalen Agenden der Kunden.

Brückenbauer

Bei der Frage, was aus Sicht seiner Kollegen seine größte Stärke ist, lacht Kilincat und hat eine überraschende Antwort parat: „Da fällt mir zuerst meine Schwäche ein. Ich wirke oft sehr forsch, versuche das aber immer mit einem Lächeln zu sein. Andererseits darf ich aber auch nicht lockerlassen, denn am Ende des Tages muss ich ja schließlich meinen Input irgendwoher bekommen.“ Als Stärke nimmt man bei ihm wahr, dass er Brücken baut, in Gesprächsrunden Interessengruppen mit ihren verschiedenen Erwartungen berücksichtigt und dafür sorgt, dass ein Konsens gefunden wird. Er sieht sich eher als Moderator und nicht als jemand, der seine eigene Meinung um jeden Preis durchboxt. „Letztlich setzt sich immer die beste Lösung durch und nicht, wer am lautesten schreit.“

Privat ist das Reisen eine der größten Leidenschaften von Taskin Kilincat. Der weitaus größte Teil Europas, einige arabische Länder und die Vereinigten Staaten sind ihm durchaus vertraut. Asien hingegen bezeichnet er als seinen blinden Fleck – bisher jedenfalls. Sobald das Reisen wieder möglich ist, zieht es ihn nach Thailand. „Schon lange habe ich mir eine Route überlegt, die ich dort erkunden möchte“, freut er sich auf die Zeit nach Corona. Ein wichtiger Aspekt ist für ihn – neben den persönlichen Begegnungen – vor allem die einheimische Küche: „Ich bin ein Fan der asiatischen Küche. Aber es ist ja doch etwas ganz anderes, ob man diese hier genießt oder direkt vor Ort.“ Bis es soweit ist, muss er sich noch etwas in Geduld üben.