Rotkäppchen und Mumm – das sind zwei Marken, die in Deutschland jeder kennt. Rotkäppchen steht seit 1894 für Sekt aus Freyburg im Weinbaugebiet Saale-Unstrut. 1988 verkauft der VEB Rotkäppchen in der damaligen DDR 15,5 Millionen Flaschen von dem Schaumwein mit der namensgebenden roten Kappe, bevor er ein Jahr nach der Wende von der Treuhandgesellschaft übernommen und drei Jahre später im Management-Buy-out veräußert wird. 2002 übernimmt Rotkäppchen, inzwischen bundesweit Marktführer, die Marken Mumm und MM, deren Sekt bei Matheus Müller in Eltville im Rheingau hergestellt wird.

Dass hinter diesen zwei traditionsreichen Namen aufgrund von zahlreichen Akquisitionen jedoch eine ganze Reihe weiterer Marken und eine riesige Vielzahl an Produkten steht, ist längst nicht jedem bekannt. Dazu zählen heute weitere Schaumweine wie Jules Mumm oder ­Geldermann, Spirituosen der Marken Chantré, Mariacron, Nordhäuser oder Eckes Edelkirsch und Weine wie Blanchet – Produkte, die in ­etlichen Varianten an sieben Standorten in Deutschland und einem in Italien produziert, abgefüllt und verpackt werden.

Große Vielfalt auf kleinem Raum

Entsprechend groß ist die Vielfalt an Umverpackungen, mit denen die Flaschen in den Handel transportiert werden, dort im Regal die Blicke auf sich ziehen, oder in denen die Produkte als Geschenk verpackt werden – eine besondere Herausforderung für die Produktion. „Bisher haben wir für jedes Format eine eigene Verpackungsmaschine gebraucht“, erklärt Lars Grebe, Leiter Schaumwein im Competence Center Önologie bei Rotkäppchen-Mumm in Eltville. Hier werden Mumm und MM ­Extra sowie Rotkäppchen-Fruchtsecco abgefüllt – neben 0,75-Liter-Flaschen auch als sogenannte MMchen in der ­Piccolo-Größe von 200 Milliliter Inhalt erhältlich. „Unser Standort liegt mitten in einem Wohngebiet und wird vom Rhein begrenzt – da gibt es keine Expansionsmöglichkeiten“, stellt Grebe fest. „Angesichts des geringen Platzes, der uns zur Verfügung steht, ist effiziente Raumausnutzung das oberste Gebot.“ Davon ließ sich Rotkäppchen-Mumm auch leiten, als man darüber nachzudenken begann, wie man den Bereich der Verpackung leistungsfähiger und flexibler für die wachsenden Anforderungen von Marketing und Markt machen könnte.

Eine für alles

Nach einer langen Orientierungs- und Planungsphase bei Rotkäppchen-Mumm ging der Zuschlag an KHS. Dank der Kooperation mit Schubert, dem Crailsheimer Spezialisten für Kartonagenverpackungen, war der Dortmunder Systemanbieter als einziger Bieter in der Lage, die Mammutaufgabe mit nur einer Maschine zu bewältigen. Und mit was für einer: Die im September 2018 installierte Anlage umfasst 13 Teilmaschinen und misst stolze 33 Meter Länge. Das ist zwar alles andere als klein, aber die kombinierte ­Packlösung ­Innopack TLM punktet mit ihrer Leistung, Qualität und ­Anpassungsfähigkeit gleich mehrfach – und macht weitere Anlagen damit schlichtweg überflüssig: „Bei unseren 1er- und 2er-Geschenkverpackungen haben wir die Anlagenleistung gegenüber unserem bisherigen Standard verdoppelt und können jetzt bis zu 33.000 Flaschen pro Stunde einpacken“, freut sich Grebe, der die Maschine bisher im Zweischichtbetrieb einsetzt.

Bis zu 33.000 Flaschen pro Stunde werden vom KHS-Setzpacker in die von Schubert-Teil­maschinen aufgerichteten Kartons eingesetzt.
Bis zu 33.000 Flaschen pro Stunde werden vom KHS-Setzpacker in die von Schubert-Teil­maschinen aufgerichteten Kartons eingesetzt.

Dabei ist Geschwindigkeit nicht alles, wie er betont. „Während ein 24er-Versandkarton auch schon mal etwas verzeiht, haben wir bei den Geschenkverpackungen einen hundertprozentigen Qualitätsanspruch – da gibt es praktisch keinen Spielraum.“ Schließlich sollen die Beschenkten sich auch auf das Auspacken freuen, denn das Auge genießt bekanntlich mit.

»Bei unseren 1er- und 2er-Geschenk­verpackungen haben wir die Anlagenleistung gegenüber unserem bisherigen Standard verdoppelt.«

Lars Grebe
Leiter Schaumwein im Competence Center Önologie bei Rotkäppchen-Mumm in Eltville

Für die Zukunft gerüstet

Am wichtigsten aber war Grebe und seinen Kollegen die Flexibilität der neuen Maschine. Standen bei Auftragserteilung bereits neun Verpackungsformate im Pflichtenheft, kamen noch während der Inbetriebnahme weitere dazu – heute fertigt die Maschine 11 verschiedene Kartonagen. Und damit ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht: „Ich bin überzeugt, dass wir mit der neuen Technologie auch für zukünftige Anforderungen des Handels gewappnet sind“, sagt Grebe. „Perspektivisch gehört zum Beispiel die Verpackung von 0,75-Liter-Weinflaschen dazu, aber auch neue Gebindegrößen wie 3er- oder 5er-Packs.“ Teil der Flexibilität ist ebenso, dass die Maschine so konzipiert wurde, dass nur wenige Formatumstellungen erforderlich sind und die Werkzeuge sich vergleichsweise schnell wechseln lassen. „Wir stellen höchstens viermal pro Woche um. Je nachdem, ob wir einen harten Wechsel etwa von Fruchtsecco zu Sekt machen, bei dem wir mehrere Transmodulplatten ändern müssen, oder ob wir nur die Köpfe am KHS-Setzpacker tauschen, dauert das insgesamt nur 30 bis 90 Minuten“, erklärt ­Grebe zufrieden.

Um sich die Komplexität der Aufgabe zu vergegenwärtigen, lohnt ein Blick auf die einzelnen Arbeitsschritte, die in der Maschine zum Beispiel beim Verpacken von Einzelflaschen in Geschenkverpackungen und Versandkartons erfolgen. Dabei sind insgesamt zehn der 13 Teilmaschinen im Einsatz: In den ersten beiden werden pro Minute bis zu 550 Pappzuschnitte aus den Magazinen entnommen. Roboter greifen die in Reihe liegenden Einzelpackungen, richten sie auf und legen sie auf einem Transmodul ab, das für die weiteren Prozessschritte durch die Maschine gleitet. Die Laschen werden beleimt, bevor in der nächsten Teilmaschine die Unterseite verschlossen, die Geschenkverpackungen senkrecht gestellt und in Zweierreihen auf einer weiteren Transmodulstrecke abgesetzt werden. An der nächsten Station werden die Flaschen durch den KHS-Setzpacker Innopack PPZ aufgenommen und vorsichtig in die oben offenen Geschenkpackungen abgesetzt. Anschließend wird auch die Oberseite der Kartons verschlossen und diese für die nachfolgende Versandverpackung auf eines von zwei weiteren Transmodulen vorgruppiert.

Patentierte Transmodule

Der letzte Teil des Verpackungsprozesses gilt dem Versand: Genau wie bei den Einzelverpackungen werden auch für die Umkartons Zuschnitte aus den Magazinen entstapelt, aufgerichtet, beleimt und auf einer eigenen Transmodulstrecke abgestellt. In der vorletzten Teilmaschine werden die fertig verschlossenen Geschenkpackungen zu vier mal sechs Produkten in die Umkartons gehoben – bis zu 23-mal pro Minute. In der letzten Station schließlich wird auch der Versandkarton auf der Oberseite verschlossen.

Verbindendes Element zwischen den Teilmaschinen sind die patentierten Transmodule von Schubert. Dank induktiver Energieversorgung und der Übertragung von Daten und Signalen mittels Funk können sie sich auf ihrer Schiene ohne Schnittstellen durch die gesamte Anlage hin und her bewegen. Die weitgehende Reduzierung der mechanischen Teile sorgt dabei für maximale Verfügbarkeit und höchstmögliche Effizienz.

Dass die Planung, Installation und Inbetriebnahme einer so komplexen Maschine eine enorme Herausforderung für alle Beteiligten darstellt, kann man sich vorstellen: „Das Zeitfenster für die Installation war sehr sportlich“, erinnert sich Max Schwaiger, bei KHS zuständig für den Product Support Packaging. „Dank guten Projektmanagements konnten wir die Termine halten. Das war nicht selbstverständlich, denn die im Prozess wachsende Vielzahl der Formate sorgte für eine gewisse Komplexität. Die Koordination der verschiedenen Standorte sind wir aus der Linienfertigung ja gewohnt – schließlich sind die Kollegen von Schubert und KHS ein eingespieltes Team.“ So musste der KHS-Setzpacker zum Beispiel für die Werksabnahme von Worms zu Schubert nach Crailsheim gebracht und dort in die Anlage integriert werden.

Aufgrund der räumlich engen Verhältnisse am finalen Aufstellort in Eltville musste die Anlage nicht nur komplett demontiert und liegend eingebracht werden. Zusätzlich wurde mit Hilfe einer 3D-Simulation millimetergenau geplant, welchen Platz die Maschinensäule des Setzpackers während des Aufrichtens benötigt. Letztlich musste die Rasterdecke nur hier geöffnet und ausgespart bleiben – ­wahre Präzisionsarbeit.

Im Zentrum der Anlage steht der KHS-Setzpacker, dem hier Fruchtsecco in Miniflaschen zugeführt wird.
Im Zentrum der Anlage steht der KHS-Setzpacker, dem hier Fruchtsecco in Miniflaschen zugeführt wird.

Echte Begeisterung

Von der Zusammenarbeit zwischen KHS und Schubert ist Lars ­Grebe regelrecht begeistert: „Das ist wirklich ein starkes Team. Alleine wären wir nie auf Schubert und deren Transmodule gekommen, weil wir damit ganz andere Branchen verbinden – von Pharma bis hin zu Süßwaren. Erst in Verbindung mit der Expertise von KHS im Getränkebereich und speziell im Handling von Flaschen, die für uns ein unverzichtbarer Aktivposten ist, wurde für uns eine perfekte Lösung daraus.“ Maßgeblich zum Gelingen hat für Rotkäppchen-Mumm auch die Tatsache beigetragen, dass es durch die Projektführung durch KHS nur einen Ansprechpartner gab anstelle von mehreren Gewerken, die durch Eltville hätten koordiniert werden müssen.

Überzeugt hat die neue Technik inzwischen auch die Bediener der Anlage: „Natürlich entwickeln die Kollegen über die Jahre eine Art emotionale Verbindung zu ihren alten Maschinen, die sich schon mal mit einem Hammerschlag wieder ‚in die Spur‘ bringen lassen. Aber die ganze Funktion und Ästhetik der neuen Maschine ist so faszinierend und überzeugend, dass die anfängliche Skepsis längst echter Begeisterung gewichen ist“, erklärt Grebe. Auch er selbst bekommt leuchtende Augen, wenn er vom Design der Anlage schwärmt, wo jedes Detail stimmt – bis hin zur Beleuchtung. „Ein bisschen ist das wie eine besonders tolle Modelleisenbahn – nur viel, viel größer.“

Noch Fragen?

Wolfgang Augel
KHS GmbH, Dortmund

Telefon: +49 231 569 1635
E-Mail: wolfgang.augel@khs.com