In vielerlei Hinsicht ist Schützengarten für Martin ­Ketterer eine ganz besondere Brauerei. Ketterer, seit 2009 technischer Direktor des Unternehmens, bringt es auf den Punkt: „Obwohl wir die älteste Brauerei der Schweiz sind, nutzen wir modernste Technologie, um charaktervolle Produkte herzustellen, deren Qualität interna­tionales Spitzenniveau hat.“ Eine Voraussetzung dafür ist die sorgfältige Rohstoffwahl. Dabei geht es nicht nur ­um Spezialmalze und spezielle Hopfensorten, die Schützengarten für seine Biere teils aus exklusiven Direktkontrakten mit Bauern bezieht. Je nach Biertyp oder -sorte kommen auch exotischere Zutaten zum Einsatz. Dem Brown Ale etwa verleiht Wacholder ein besonderes Aroma. Das Radler erhält durch einen Edelweiß­extrakt eine feine Kräuterbitternote, die den frischen Zitrusgeschmack des Biermischgetränks komplementiert. Und für ihr Chocolate Sweet Stout verwenden die Schweizer gar feinsten Kakao von Trinidad.

„Heute würde man uns eine Craft-Brauerei nennen“, erklärt Ketterer. „Mit einem Unterschied: Anders als bei vielen Craft-Brauereien, bei denen Quereinsteiger zum Brauen kommen, sind bei uns ausschließlich ausgewiesene Fachleute am Start, angefangen bei unseren insgesamt sieben Braumeistern – zwei davon übrigens Frauen – bis hin zu jedem einzelnen Mitarbeiter in der Produktion, die alle entweder Brauer oder Lebensmitteltechnologen sind.“ Seine Kollegen und sich, ja selbst die Eigentümerfamilie, charakterisiert er als bierverliebte Verrückte, die ihren Beruf mit Leidenschaft ausüben.

»Die Zahl der Verpackungs­varianten ist in den letzten Jahren förmlich explodiert – dem können wir uns nicht entziehen.«

Modernisierung der Marke

Das Ergebnis von so viel geballter Braukompetenz kann sich sehen und schmecken lassen: Für sein Bier Schwarzer Bär wurde Schützengarten 2016 beim ­European Beer Star in der Kategorie European-Style Dunkel mit Gold ausgezeichnet; das erst seit wenigen Monaten erhältliche Red IPA erntete Bronze. Den Löwenanteil am Umsatz aber erzielt nach wie vor das Traditionsbier Schützengarten Lager Hell. „Unsere Maxime heute heißt zwar, dass jeder sein Bier bei uns finden sollte, aber gleichzeitig ist es uns wichtig, bei aller Vielfalt und allen Innovationen und trotz der Modernisierung unserer Dachmarke die Konsumenten unseres Lagerbieres nicht zu verschrecken“, erklärt Ketterer. Dass das eine Gratwanderung ist, weiß er natürlich. „Es geht darum, unsere Marke, die bisher als eher konservativ und traditionsreich wahrgenommen wird, um Aspekte wie Modernität und Kreativität zu erweitern. Aber auch wenn wir uns als jung und frisch darstellen wollen und mit der Dynamik im Markt auftreten, die der Verbraucher von uns erwartet, muss das für die Zielgruppe mit unserem Image in Einklang zu bringen sein. Wir wollen keine Jacke anziehen, die uns nicht passt: Wir verstehen unser Handwerk und brauchen uns nicht hinter dem Begriff ‚Craft-Bier‘ oder einem bärtigen Hipster-Image zu verstecken.“

Teil des neuen innovativen Anlagenkonzeptes ist der neue Flaschenpacker für Kartonagen und Kunststoffkisten.
Teil des neuen innovativen Anlagenkonzeptes ist der neue Flaschenpacker für Kartonagen und Kunststoffkisten.

Höchste Komplexität

Zu den Anforderungen des Marktes, die Schützengarten bedienen muss, gehört neben der breiten Produktpalette auch eine Vielfalt an Gebinden, Gebindegrößen und Verpackungsformen. Neben der Individualflasche für ihr Produkt Gallus 612, ein Old Style Ale, hat die Brauerei auch eine spezielle Flaschenform mit Prägung für das Stout und IPA entwickelt. Das übrige Sortiment wird in 330- und 500-Milliliter-Einweg- oder Mehrweg-Glasflaschen mit Kronkorken oder in Bügelflaschen sowie in Halbliter-Dosen angeboten. Für zusätzliche Komplexität in der Produktion sorgt die Umverpackung: Zwar gibt es Vierer-, Sechser- und Achterpacks, die wichtigste Gebindegröße im schweizerischen Markt allerdings ist der Zehnerpack, gefolgt vom 18er-Pack, "den speziell die Studentenhaushalte bevorzugen", wie Ketterer schmunzelnd anmerkt. Für spezielle Aktionen mit einzelnen Handelsketten werden auch 12er- oder 15er-Kartons angeboten. Parallel dazu werden die Flaschen natürlich auch in Kästen gepackt, die in der Schweiz ­Harasse heißen. "Natürlich ist es aus technischer Sicht nicht das Ziel, eine zu große Vielfalt zu produzieren", betont­ Ketterer. "Wir wollen ja unsere Produktion nicht abwürgen, indem wir ununterbrochen umstellen. Aber die Zahl der Verpackungsvarianten ist in den letzten Jahren förmlich explodiert - und wir können uns den Zwängen des Marktes nicht entziehen."

Neue Technik auf engstem Raum

Von entsprechend großer Bedeutung war deshalb die Entscheidung von Schützengarten, den Trockenteil seiner Flaschenfüllerei neu aufzustellen. Die Investition in eine kombinierte Packmaschine für Wrap-Around-Kartonagen und Kunststoffkisten umfasste einen Aus- und Einpacker, einen Be- und Entbinder, eine kombinierte Be- und Entpalettierung sowie einen Neuglasabräumer. Teil der Anlage sind außerdem ein Palettenwickler, ein Kastenwascher sowie ein komplett automatisiertes Kastenmagazin zur Pufferung von Kunststoffkästen. Uwe Müller, Technical Sales Manager bei KHS in Bad Kreuznach, erläutert die besondere Herausforderung des Projekts: „Die größte Herausforderung ist die räumliche Enge. Erschwerend kommen bestehende Verbindungen im Gebäude hinzu, die nicht verändert werden können, sowie Aufzüge und ein Pasteur für alkoholfreies Bier, der an seinem Platz stehen bleiben muss. Auch die Deckenhöhe ist vergleichsweise gering. Um den vorhandenen Platz bestmöglich auszuschöpfen, nutzen wir die mit unserem Kooperationspartner Schubert entwickelte multifunktionale, verblockte Anlage, die hier erstmals zum Einsatz kommt. Wir mussten die Maschinen buchstäblich wie mit dem Schuhlöffel einpassen“, beschreibt Müller die Aufgabe. Dabei half ein 3D-Anlagenmodell, das in einen dreidimensionalen Scan des vorhandenen Raumes eingefügt werden konnte und dabei auch noch den kleinsten Vorsprung oder Deckenträger berücksichtigte.

Für Martin Ketterer ist es einer der größten Vorteile der Anlage, dass sowohl Kisten als auch Kartons kombiniert in nur einem gemeinsamen Maschinenblock verarbeitet werden können, der auch noch die Pufferung im Kastenmagazin übernimmt: „Nur durch das KHS-Layout mit dieser Kombilösung war die Anlage mit der vorgegebenen Ausbringungsleistung in dem vorhandenen Raum zu realisieren – insbesondere angesichts der immer größeren Einhausungen, die aus Sicherheitsgründen erforderlich sind, aber immer mehr Platz beanspruchen.“

Gemeinsam mit dem Kooperationspartner Schubert hat KHS eine multifunktionale, verblockte Verpackungsanlage entwickelt, die erstmals bei Schützengarten­ zum Einsatz kommt.
Gemeinsam mit dem Kooperationspartner Schubert hat KHS eine multifunktionale, verblockte Verpackungsanlage entwickelt, die erstmals bei Schützengarten­ zum Einsatz kommt.

„Die Verblockung der Komponenten von KHS und Schubert­ macht lange Transportstrecken und die sonst erforderlichen jeweils eigenen Ein- und Auslaufstrecken überflüssig“, beschreibt Lutz Müller, bei KHS Sales Manager für die Schweiz, die kompakte Bauweise der Maschine. „Dadurch reduzieren sich Wartung, Verschleiß und Energieverbrauch, und die platzsparende Lösung kann von nur einem Operator bedient werden.“ Aus Kundensicht fast am wichtigsten ist jedoch die enorme Flexibilität, mit der die Maschine die Produkt- und Verpackungsvielfalt von Schützengarten bewältigt: „Wir haben bei der Formatumstellung eine hohe Reproduzierbarkeit: Es ist keinerlei Feinjustierung mehr nötig, sondern es gibt definierte Formate, die gewechselt werden und die es erlauben, immer mit den gleichen Einstellungen zu produzieren. Das verkürzt die Umstellzeiten auf weniger als 15 Minuten. Und dank ihres modularen Aufbaus kann die Anlage zukünftig auch für die Verarbeitung von neuen Verpackungsarten wie Cluster Packs oder Baskets erweitert werden.“ Durch das neue innovative Anlagenkonzept wird die Linienleistung der Einwegverpackungen annähernd verdoppelt.

Viel Raum für die Feinplanung

Im Rahmen der Verhandlungen und der technischen Abklärung zwischen Schützengarten und KHS haben sich beide Partner die Zeit genommen, wirklich alle Eventualitäten und Einzelheiten zu berücksichtigen. Im Verlauf der äußerst flexiblen Planung flossen auf Wunsch von Schützengarten viele Änderungen und Anpassungen ein, die sich für die Brauerei als sehr wertvoll erwiesen. Sowohl Martin Ketterer als auch Uwe Müller sind sich einig, dass es gut war, der Feinplanung so viel Raum zu geben – so konnte die Auftragsklärung im Prinzip vor der Auftragsvergabe erfolgen. „Das ist natürlich alles andere als ein Nullachtfünfzehn-Projekt“, räumt Uwe Müller angesichts des ersten KHS-Schubert-Blocks, der hier installiert wurde, ein. „So eine anspruchsvolle Aufgabe kann einem schon manchmal Kopfzerbrechen bereiten.“ Bereits die Auftragsvergabe war da ein kleiner Grund zum Feiern, wie sich sein Kollege Lutz Müller erinnert: „Wir haben den Kollegen bei Schützengarten eine Flasche ­roten Secco überreicht, die wir mit einem speziellen Etikett versehen hatten, das ausdrückte, wie viel Herzblut schon bei der Planung in das Projekt geflossen war.“

Mit einer Stimme

One Face to the Customer: Die technischen Vertriebs­mitarbeiter beider Unternehmen gehen gemeinsam zum Kunden, um dort den höchsten Nutzen zu generieren. Alle Schnittstellen sind vorab definiert, so dass die Kommunikation zwischen den Kollegen reibungslos funktioniert.

Kompetent beraten

Die Kooperation verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, um Kunden eine langfristige und flexible Produktion zu ermöglichen. Schubert bietet umfassende Trainings- und Service-Angebote und zeigt in Verpackungsworkshops vielfältige Lösungsansätze auf.

Montage im Mehrschichtbetrieb

Im Vorfeld wurde auch der Montageablauf detailliert geplant, da die Maschinen nicht ebenerdig aufgestellt wurden, sondern – nach erfolgtem Abbau der vorhandenen Anlage – mit einem Kran ins Obergeschoss eingebracht und innerhalb kürzester Zeit platziert werden mussten. Da Schützengarten aufgrund seiner geringen Lagerkapazität kaum Möglichkeiten hatte, große Mengen vorzuproduzieren, musste innerhalb von nur drei Wochen das erste verkaufsfertige Produkt aus der Maschine laufen – üblicherweise plant man für solche Gegebenheiten mit einem Zeitfenster von mindestens fünf bis sechs Wochen. Uwe Müller beschreibt, wie das möglich war: „Das haben wir nur geschafft, weil wir mit zwei kompletten Mannschaften mehrschichtig gearbeitet haben – eigentlich ein unübliches Vorgehen.“

Spannend war die Inbetriebnahme natürlich insbesondere für Martin Ketterer. „Bei der Wiederaufnahme der Produktion geht es bei so einer Anlage ja nicht nur um mechanische Details, sondern vor allem darum, ob alle Schnittstellen funktionieren. Da gibt es schon den Moment, wo man die Luft anhält.“ Aber wenn dann alles reibungslos läuft, weiß auch Ketterer, warum man bei Schützengarten seit 21 Jahren auf die Zusammenarbeit mit KHS vertraut – und das sind 14 Jahre mehr, als er selbst in der Brauerei ist.

Ihre Ansprechpartner zum Thema

Lutz Müller
Sales Manager Schweiz
KHS GmbH, Bad Kreuznach

Telefon: +49 671 852-2351
E-Mail: lutz.mueller@khs.com

Uwe Müller
Technical Sales Manager
KHS GmbH, Bad Kreuznach

Telefon: +49 671 852-2780
E-Mail: uwe.mueller@khs.com