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Christian Wopen
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

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Nachdem wir im ersten Teil (siehe KHS competence 2.2013) intensiv das Thema Recycling behandelt haben – lassen Sie uns nun zur Thematik unterschiedlicher Geschäftsmodelle übergehen. Bottler stellen Preforms zunehmend selber her. Wie gestaltet sich Ihrer Meinung nach die Zukunft der Converter und geht es hier eventuell sogar in die Richtung Bottler kontra Converter?

Jülg: Bottler kontra Converter sehe ich nicht. Wir sind keine Konkurrenz. Das, was wir bei der Brandenburger Urstromquelle praktizieren, ist eine Eigenherstellung von Preforms, um die gesamte Fertigungskette der Flasche in unserer Hand zu behalten und Prozesse zu optimieren. So können wir die Materialqualität, die für unsere Preforms zum Einsatz gelangt, auf das Genaueste steuern, gezieltes Lightweighting praktizieren und die Zugabe von Zusatzstoffen wie beispielsweise AA-Blockern*1 unseren Ansprüchen gemäß optimieren. Gerade durch eine geringe Verwendung von Zusatzstoffen lässt sich beispielsweise auch die von uns gewünschte Recyclatqualität sicherstellen.

Neugebauer: Auch ich sehe keine Konkurrenz zwischen Convertern und Bottlern. Meiner Meinung nach gestaltet sich die Situation folgendermaßen: Bei einem Absatz von etwa 500 bis 800 Millionen PET-Flaschen jährlich – das ist abhängig vom Produkt-Mix – lohnt es sich für Getränkeunternehmen aus Kostengesichtspunkten nicht, eine Preform-Produktion mit in den Betrieb zu installieren. Für Unternehmen, die mehr als 800 Millionen PET-Flaschen absetzen, kann sich eine Eigenherstellung von Preforms durchaus gewinnbringend darstellen.

Jülg: Den größten Vorteil einer eigenen Herstellung von Preforms sehe ich vor allem darin, dass die Preforms sich exakt an individuellen Wunschvorstellungen orientiert produzieren lassen. Ein Converter, der zahlreiche Unternehmen beliefert, muss viel breiter aufgestellt sein und kann eine derartige Individualität oft nicht leisten.

Neugebauer: Thema ist auch, dass wir als Converter Abfüller beliefern, die vollkommen unterschiedliche Maschinengenerationen bzw. -modelle einsetzen. Von Streckblasmaschinen aus dem Jahr 1990 bis zum Jahr 2013 ist da alles dabei. Dem haben wir mit der Preform-Gestaltung gerecht zu werden.

Gernhuber: Bei Maschinen aus dem Jahr 1990 sind Einstellmöglichkeiten und Wiederholgenauigkeiten auf einem vollkommen anderen Niveau als bei Neumaschinen. Da müssen schwerere Preforms verwendet werden, was wiederum Kostennachteile mit sich bringt. Ich denke, das Thema Converter hat viele Facetten. Geht es um eine existierende Flasche, die durch gesteigerte Wiederholgenauigkeit einer Neumaschine leichter werden kann? Oder haben wir es mit einer Flaschen-Neuentwicklung zu tun, bei der die Eigenschaften für die weitere Verarbeitung im Füller, Etikettierer, Packer etc. miteinbezogen und daher ermittelt werden müssen? Oder wird doch nur der Preform geliefert? In Japan stelle ich fest, dass die Getränkeunternehmen mehr und mehr in ihre eigene Entwicklung investieren und nicht akzeptieren, was über den Converter an vorgefertigtem Ergebnis angeliefert wird. Zum einen, um Einsparpotenziale zu generieren, zum anderen, weil sie beim Converter vielfach den Eindruck haben, nicht auf dem neuesten Stand gehalten zu werden.

Dr. Appel: Gerade bei Getränkeunternehmen mit sehr hohem Ausstoß wie es Lieferanten für Discounter und Handel sind, gestalten sich sämtliche Schritte qualitäts- und insbesondere kostengetrieben. Da ist es vollkommen nachvollziehbar, dass man bei einem zunehmenden Kos­tendruck entlang der gesamten PET-Wertschöpfungskette – vom Preform bis hin zur Auslieferung der gefüllten Flasche – die Prozesse selbst gestalten möchte. Ich frage mich aber auch, wie es in Richtung PET-Mehrwegflasche weitergeht. Ist das dann eventuell ein Bereich, in dem sich die Converter stärker entwickeln werden?

Neugebauer: Wenn man den Faktor Kostenreduzierung nicht so stark nutzen kann, wird – davon bin ich überzeugt – auch weiterhin der Converter bleiben, das gestaltet sich für Einweg- und Mehrweg-PET gleich. Im Mehrwegbereich sind große Volumen generell nicht mehr gegeben. Es gibt schließlich nicht nur Getränkeunternehmen, die Discounter und den Handel in großen Mengen beliefern. Für Converter kann übrigens auch ein ganz anderes Modell, nämlich das des »Inhouse-Betriebs« interessant sein. Mit einer solchen Inhouse-Betreuung sammeln wir aktuell bereits hervorragende Erfahrungen.

»Meiner Meinung nach müssen in Hinblick auf Recyclat Wege gefunden werden, die eine definierte Qualität für alle abfüllenden Getränke- und Nahrungsmittelbetriebe sicherstellen.«

Haesendonckx: Genau dieses Inhouse-Blowing sehe auch ich für die Converter künftig als eine große Chance. Hier sind meiner Meinung nach jede Menge an interessanten Synergieeffekten realisierbar.

Gehen wir nun zur Zukunftsvision PET über. Wie sehen Sie PET jeweils aus Ihrer Sicht in den nächsten 10 bis 20 Jahren? Wohin geht hier die Reise? Gibt es vielleicht sogar Kunststoffmaterialien, die PET den Rang ablaufen? Herr Schönwald, zur Einstimmung auf dieses Thema bitte ich Sie um Ihre Einschätzung, wie sich die Entwicklung von PET-Getränkeflaschen in den einzelnen Regionen der Welt künftig darstellen könnte.

Schönwald: Fangen wir in Asien und hier bei Japan an, denn Japan nimmt innerhalb Asiens ganz klar eine Sonderstellung ein. Japan ist ein hoch entwickeltes Land, mir sind keine höheren Anforderungen an PET-Getränkeverpackungen als die japanischen bekannt. Der Markt wird sich dort weiterentwickeln, allerdings sehe ich hier nur geringe Wachstumsraten.

In den weiteren asiatischen Ländern dagegen ist von einem starken Wachstum an PET-Getränkeflaschen auszugehen, das durchaus zwischen 6 und 8 Prozent jährlich liegen kann. Man schätzt, dass in den nächsten zehn Jahren weltweit etwa 2,5 Milliarden neuer Konsumenten hinzukommen werden, die den Weg aus der Armut heraus in Richtung Mittelstand gehen. Sie stammen überwiegend aus dem asiatischen Raum und sind dann erstmals in der Lage, sich Getränke in Kunststoff-Flaschen überhaupt leisten zu können. Das unterstützt die genannte Wachstumsrate natürlich enorm.

»Alles in allem wird die neue Glasflasche die Premium-PET-Flasche sein.«

Afrika betrachte ich als den vernachlässigten Kontinent und wage dort keine konkrete Prognose. Von Lateinamerika dagegen erwarte ich weiteren wirtschaftlichen Aufschwung und damit auch ein Plus bei PET-Flaschen. Steigerungsraten könnten hier insgesamt gesehen durchaus mehr als 5 Prozent pro Jahr betragen.

In Westeuropa und Nordamerika dürfen wir in etwa von einem jährlichen Plus bis zu 4 Prozent ausgehen. Größtes Thema in Nordamerika ist meines Erachtens die niedrige Sammelrate. Hier gehen immer noch knapp 70 Prozent der PET-Flaschen in »Landfill*2«. Zudem sind die Amerikaner die Dose gewohnt und werden sie wohl auch künftig bis zu einem Füllvolumen von 0,5 Litern gegenüber anderen Behälteralternativen als prädestinierte Gebindeform sehen.

In Westeuropa ist PET zu einem angesehenen Packstoff geworden, wenn auch nicht für alle Getränkevarianten. Bier und Wein sind bislang beispielsweise ausgenommen und in der Glasflasche populär. Da könnte sich etwas tun.

In Osteuropa ist Bier aus der PET-Flasche dagegen etabliert und wird sicherlich auch weiterhin eine große Rolle spielen. Allerdings mag den Konsumenten der Biergenuss durch hier oftmals verwendetes barrierefreies Flaschenmaterial ein wenig verleidet werden. Denn dadurch wird das Geschmackserlebnis schon nach kurzer Zeit erheblich gemindert. Insgesamt sehe ich für Osteuropa ein etwa fünfprozentiges jährliches Plus bei PET-Flaschen.

Haesendonckx: Von einer weiteren Karriere von PET auf den Weltmärkten bin auch ich überzeugt. Es wird für Kunststoff-Getränkeflaschen sicherlich auch bei diesem Material bleiben. In den letzten Jahren hat man versucht, alternative Materialien wie zum Beispiel PP, HDPE und PLA für das Streckblasen von Getränkeflaschen auf den Markt zu bringen. Im Gegensatz zu PET weisen diese aber nicht die Eigenschaft einer höheren Festigkeit im Streckblasprozess auf. Außerdem sind sie im Vergleich zu PET weniger transparent und somit auch hier von vorne herein weniger geeignet.

Dr. Appel: Auch ich sehe in Zukunft keine Substitutionsgefahr für PET. Mit herkömmlichen Prozessen hergestelltes PET wird uns, so meine ich, noch über die nächsten Generationen hinweg zur Verfügung stehen. Schön ist, dass sich auch die aus nachwachsenden Rohstoffen produzierten neuen Bio-Polyester auf einem identischen Maschinenpark verarbeiten lassen.

Haesendonckx: Das Thema Bio-Polyester sehe ich bis dahin auch hauptsächlich als ein Kommunikations- und Marketingvehikel, das dazu verhilft, ein Getränk oder ein Unternehmensimage noch besser zu vermarkten. Ob die Flasche aus nachwachsenden Rohstoffen wirklich einen Mehrwert darstellt, sei allerdings dahingestellt.

Schulte: Meiner Meinung nach wird sich das Image von Kunststoff-Flaschen in Zukunft noch positiver entwickeln als bislang, da ein Generationswechsel einsetzt. Viele junge Menschen sind mit Plastikflaschen aufgewachsen und sehen sie als vollkommen übliches Gebinde an. Die negativen Assoziationen ihrer Eltern haben sie abgelegt. Durch neue Lebensgewohnheiten sind Convenience und Lifestyle gefordert und das bieten Kunststoff-Flaschen sehr wohl.

»Wenn der Wechsel von Glas zu Kunststoff eine Vision war, ist sie jetzt Realität.«

Auf der anderen Seite denke ich, dass an eine informationshungrige neue Generation unbedingt Themen wie Sustainability und Recycling kommuniziert werden sollten. Alles in allem wird die neue Glasflasche meiner Ansicht nach die Premium-PET-Flasche sein.

Gernhuber: Das denke ich auch. Gerade im Premiumsegment, in dem Margen noch größer sind, würde ich künftig auch den höchsten Anreiz sehen, eine Kommunikation zum Konsumenten zu forcieren, die aufzeigt, dass Lightweighting nicht nur Kostenreduktion bedeutet, sondern zudem eine Premium-Ingenieurleistung zum Schutz der Umwelt darstellt. Denn Premiumanbieter können über die Marketingseite einen wesentlich intensiveren Kontakt zum Konsumenten herstellen als Discounter.

Das ist für mich eine Vision, deren Umsetzung sicherlich noch ihre Zeit braucht. Dennoch kommt der Konsument aus meiner Sicht nur so zu der Überzeugung, dass leichtgewichtige Flaschen gleichzeitig gut, sicher und nachhaltig sind. Zudem meine ich, dass die weltweit gültigen Spezifikationen für PET der Vergangenheit angehören sollten. Wir brauchen länderspezifische Spezifikationen, die sich an die dort jeweils vorhandenen technischen Bedingungen und Distributionsketten anpassen.

Dr. Appel: Ich sehe die Leichtgewichtsflasche als eine technologisch hochwertige Flasche an. Die Kommunikation – was ist Qualität – ist ein gesondertes Thema. Bei meiner PET-Zukunftsvision habe ich die gesamte Wertschöpfungskette und den nicht endenden Kostendruck vor Augen. Es ist für mich nur noch eine Frage der Zeit, wann der erste große Abfüller auch zum PET-Materialhersteller wird, nachdem er sämtliche Schritte von Glas zu PET, vom Flascheneinkäufer zum Flaschenbläser, vom Flaschenbläser zum Preform-Hersteller, absolviert hat. Über Technologien wie »Direct to preform« läge die komplette Wertschöpfungskette in seiner Hand.

Neugebauer: In Zukunft, das möchte ich zudem bemerken, sehe ich auch für Getränke, die bislang noch kaum in PET gefüllt werden – in Westeuropa sind das wie genannt beispielsweise Bier und Wein und auch Milch – durchaus ein wachsendes Potenzial. Ich meine, dass gerade aufgrund des anstehenden Generationswechsels hier noch Chancen verborgen sind.

Kempa: Wir haben erkannt, dass insbesondere die Menschen in entwickelten Ländern künftig auf noch mehr Qualität und Nachhaltigkeit in jeder Form achten werden. Das Informationsverhalten wird sich ändern und die Leute werden sowohl Produkt als auch Verpackung genauestens hinterfragen. Das bedeutet für mich außerdem, dass die Marke in Zukunft gerade bei der Diskussion dieser Themen weiter an Bedeutung gewinnt, denn eine Marke steht für das Qualitätsversprechen und sie ist natürlich gefordert, dieses Versprechen auch zu halten, damit es zu keiner Enttäuschung beim Verbraucher kommt. Ganz andere Ansatzpunkte gibt es sicherlich in Schwellenländern, in denen es nicht darum geht, ob beispielsweise Wasser gut verpackt ist, sondern ob es überhaupt genügend Wasser in hinreichender Qualität gibt.

»So lange es PET-Verpackungen gibt, wird es Versuche geben, diese Verpackung weiter zu optimieren.«

Haesendonckx: Ein weiterer Punkt, den ich für die Zukunft sehe, ist eine neue Distributionskultur. In Südkorea stellt Walmart beispielsweise in den Subways bereits mit Barcodes versehene Plakate auf, die Produkte zeigen. Mit Hilfe meines iPhones kann ich dort präsentierte Getränke dann beispielsweise einfach bestellen und nach Hause liefern lassen. Das könnte in Zukunft ebenso zum Thema werden wie die Bestellung von Getränken über das Internet.

Die Gebindegestaltung hat sich diesen neuen Distributionswegen entsprechend anzupassen. Dazu gehört für PET-Flaschen das technisch optimierte Gewicht, um maximale Produktqualität innerhalb der jeweiligen Distributionskette sicherzustellen.

Neugebauer: Ich meine, wenn der Wechsel von Glas zu Kunststoff eine Vision war, ist sie jetzt Realität. Kundeninformation ist natürlich wichtig. Aber die Aufklärungsarbeit, die dazu beigetragen hat, für das Material eine Akzeptanz zu finden, betrachte ich als abgeschlossen, denn PET für Getränke ist zur Normalität geworden. Allerdings bin ich der Ansicht, dass es in den Bereichen Spritzgießen, Blasen, Abfüllen und Aseptik noch große Tätigkeitsbereiche für die Maschinenindustrie gibt und dass sich Strukturen innerhalb des Distributions­systems ändern werden.

»Der Mehrwert der PET-Flasche lässt sich im Grunde genommen nur von Produkt zu Produkt, von Region zu Region und von Land zu Land beantworten.«

Beispielsweise lernte ich vor kurzem in Tschechien eine interessante neue Idee kennen. Dort wird eine in PET-Flaschen abgefüllte alkoholfreie Alternative zu Glühwein im Winter aus Automaten verkauft. Das Besondere hier: Das Getränk erfährt vorab eine Erwärmung auf 37 Grad. Außerdem sehe ich noch riesige Anwendungsbereiche für PET in der Nahrungsmittelbranche. Pürierte Tomaten, Suppen, Soßen usw. – meiner Meinung nach wird gerade im Bereich der Food-Branche noch großes Potenzial entstehen. Aus dieser Richtung dürften dann auch neue Anforderungen auf Converter und die Hersteller von Streckblasmaschinen zukommen. Sie sollten für die Food-Unternehmen, die mit PET-Flaschen starten, auch Maschinen mit einer kleineren Anzahl an Kavitäten bereitstellen.

Danke Ihnen allen für die spannende Diskussion, zahlreiche neue Denkanstöße, interessante Zukunfts­visionen und schließlich für eine Aussage, die Herr ­Schönwald einbrachte, die Sie gemeinsam bestätigten und die auch für die Zukunft so zu gelten scheint: »PET – was sonst?«

Das Gespräch wurde moderiert von Friederike Arndt, Frank Haesendonckx und Matthias Damm.

Mit diesem zweiten Teil verabschiedet sich der PET Round Table
Mit diesem zweiten Teil verabschiedet sich der PET Round Table

Trend-Interview

Gespräche mit ausgewiesenen Fachleuten geben Einblick in künftige Entwicklungen auf globalen Märkten und speziell natürlich in der Getränke-, Food- und Nonfood-Industrie. KHS competence führte bisher Gespräche …

… mit Professor Peter Wippermann, einem der führenden Köpfe für trendgestützte Markenführung, zu generellen Tendenzen in der Getränke- und Nahrungsmittel­branche sowie

… mit Fred Piercy, Business Director für Wein und Spirituosen beim größten börsennotiert agierenden Verpackungsunternehmen der Welt, Amcor Rigid Plastics, zum speziellen Trend »Wein in PET« sowie

… mit Thomas Haensch, Vice President Sales, Marketing & Innovation bei Ball Packaging Europe, zur Zukunft der Dose sowie

… mit Petra Westphal, Projektleiterin der Messe drinktec, zu globalen Trends in der Getränke- und Liquid-Food-Industrie.