Der Markt für Getränke verlangt seit Jahren nach immer neuen Produkten in immer vielfältigeren Varianten und Verpackungen für immer kleinere Abnehmergruppen. Getränkehersteller müssen daher höchst flexibel und effizient agieren, um im Wettbewerb zu bestehen. Doch Flexibilität und Effizienz kollidieren mit der enorm steigenden Komplexität. Was also tun?

Die Antwort gibt KHS mit dem Innoline MES, einer integrierten IT-Gesamtlösung in Form eines Manufacturing Execution Systems (MES). Diese speziell auf die Anwendung in der Getränkeindustrie zugeschnittene modulare Standardsoftware macht den Produktionsprozess über alle Ebenen hinweg transparent. So können Effizienz und Flexibilität der Abfüllung bislang nicht gekannte Dimensionen erreichen – und Wettbewerbsvorteile schaffen.

Gebündeltes Know-how

Als Partner der Getränkeindustrie ist es der Anspruch von KHS, marktgerechte Entwicklungen voranzutreiben. Neuester Stand der Technik und höchster Nutzwert für die Praxis stehen dabei im Vordergrund. So setzt Innoline MES auf die bewährte Produktlinie HYDRA der MPDV ­Mikrolab GmbH, eines der führenden Anbieter im Bereich MES-Systeme*. Um die Standardfunktionen von HYDRA an die besonderen Anforderungen der Getränkeindus­trie anzupassen, konnte KHS die Bitburger Braugruppe als Partner für ein gemeinsames Pilotprojekt gewinnen.

Die Ausgangslage in Kurzform: immer höhere Komplexität der Prozesse. Die Aufgabe in einem Satz: die an allen Produktionsstandorten vorhandenen Produktionsdaten so in ein System einbringen, dass sie für den Ablauf der Prozesse besser und einfacher nutzbar sind als bisher.

Dominik Polster, der bei Bitburger das zentrale Projekt- und Prozessmanagement leitet, erläutert die zentrale Frage, die sich für sein Unternehmen stellte: »Soll es ein Produkt von der Stange sein, das relativ schnell zu implementieren ist, bei dem man aber auch mit Unzulänglichkeiten leben muss, oder investieren wir Zeit und Know-how für eine auf unsere Bedürfnisse hin genau zugeschnittene Lösung?« Konsequent übernimmt man die Vorreiterrolle im Markt: Die Bitburger Braugruppe steigt in das Pilotprojekt Innoline MES ein. Ein eigens gebildetes Team aus Experten von Bitburger und KHS erarbeitet ein Feinkonzept für Funktionen, die sich speziell an Anforderungen der Getränkebranche orientieren.

»Wesentlich ist für uns, dass das System lern­fähig ist. Wenn bei uns neue Wünsche entstehen, entwickeln wir mit KHS gemeinsam weiter.«

Härtetest in der Praxis

Die Praxiserprobung macht deutlich, warum sowohl Dominik Polster als auch sein Kollege Rudolf Wahl, Hauptabteilungsleiter Abfüllung und Filtration, später zum Schluss kommen, das Unternehmen habe von den Vorteilen des Innoline MES »in jeder Hinsicht profitiert«.

Durch das Baukastenprinzip des Innoline MES lassen sich die Module einzeln oder parallel an beliebig vielen Abfülllinien einsetzen. Bei der Bitburger Brauerei sind derzeit neun Abfüll- und Verpackungslinien an vier Module angegliedert. Folgende Ziele soll das Projekt erreichen:

  1. Administrative Prozesse optimieren
  2. Mit detaillierten Prozessanalysen gezielte Verbesserungen erwirken und die Kosten senken
  3. Auswertungen standardisieren und als Benchmarks innerhalb der Gruppe einsetzen

Eine zentrale Datenbank als Schnittstelle vernetzt die Module untereinander und mit dem übergeordneten Enterprise-Resource-Planning-System (ERP, bei Bitburger SAP). Vorteile: Die Daten stehen allen Komponenten direkt zur Verfügung und sind konsistent. Mitarbeiter haben schnellen Zugriff auf die benötigten Informationen. Von Hand geschriebene Protokolle entfallen; das spart Zeit und schließt Übertragungsfehler von vornherein aus. MES bei Bitburger arbeitet im Wesentlichen auf der Basis folgender vier Elemente, zwei weitere sind optional.

1. Modul: Line Monitoring bringt die Kennzahlen

Das Modul Line Monitoring gilt als Basis des Innoline MES. Es erfasst Betriebsdaten der Abfüll- und Verpackungs­anlagen, aus denen es Kennzahlen bestimmt. Das Kennzahlenmodell von Bitburger nimmt Bezug auf den Weihenstephaner Standard. Dazu zählen Wirkungsgrad, Verfügbarkeit, Durchschnittsleistung und Nennleistung von Anlagen.

Vorteile in der Praxis: Organisatorische Verluste wie Rüstvorgänge, Wartungsmaßnahmen oder Reinigungsvorgänge sind sofort als Optimierungspotenzial erkennbar. Rudolf Wahl nennt Beispiele: »Bei zu niedrigem Wirkungsgrad einer Anlage erkenne ich aus dem Monitoring sehr schnell, wann und bei welcher Maschine es gehakt hat. Oder: Führen neue Kronkorken im Füller-Verschließer-Bereich zu mehr Stopps als bisher, lässt sich das direkt am Bildschirm erkennen und auch für den Lieferanten nachvollziehbar darstellen.« Dazu sind auf Knopfdruck grafisch aufbereitete Störanalysen verfügbar. Wahl: »Außerdem lässt sich mit Hilfe dieses Moduls zum Beispiel feststellen, ob die Leistungsfähigkeit der vorhandenen Linien für die Verkaufsziele des Vertriebs im nächsten Jahr ausreichend ist.«

2. Modul: Order Execution ordnet zu

Mit diesem Modul lassen sich Betriebsdaten wie Wirkungsgrad, Energieverbrauch oder Materialkosten zu Abfüllaufträgen und Abfüllchargen zuordnen. Vorteile in der Praxis: Kann man beispielsweise verschmutztes Etikettenmaterial nicht mehr verwenden, registriert das Modul den Mehrverbrauch. Diese Information liegt in Echtzeit auch im SAP-System vor und ermöglicht so eine korrekte auftrags- und artikelbezogene Kostenrechnung.

3. Modul: Order Scheduling plant die Aufträge

Bisher terminierte Bitburger Aufträge in einer SAP-Plantafel mit einem zwangsläufig fehleranfälligen manuellen Abgleich zwischen Soll- und Ist-Situation. Nun übernimmt das Modul Order Scheduling die Planung auf Basis von Online-Informationen, registriert eventuelle Verschiebungen, passt die Planung automatisch an und stellt den neuen Status grafisch übersichtlich dar. Vorteile in der Praxis: Dabei berücksichtigt es hinterlegte Vorgaben wie Verfügbarkeit und Geschwindigkeit von Anlagen, Umrüstzeiten oder Artikelprioritäten. Somit sorgt das Modul für eine optimale Auslastung und Termintreue und ist darauf ausgerichtet, den Leerlauf von Anlagen so gering wie möglich zu halten. Ein weiterer Vorteil ist die sehr schnelle Reaktion auf kurzfristige Kundenanfragen.

Vor der Freigabe jedes Produktionsauftrags gleicht das MES- mit dem SAP-System ab, ob die benötigten Materialien tatsächlich verfügbar sind. Polster: »Für uns ist es von großer Bedeutung, dass wir durch Vergleich verschiedener Planungsszenarien den für uns besten Wochenplan ermitteln können.« Wahl ergänzt: »Auch weil wir vom System auf Knopfdruck zu jedem Szenario die relevanten Kennzahlen wie Durchlauf- und Rüstzeiten erhalten. Besser geht’s nicht.«

Zudem können die Module Order Execution und Order Scheduling zeitliche und wirtschaftliche Auswirkungen von Planungsänderungen direkt aufzeigen. Wahl: »Wenn aufgrund von unvorhergesehenen Absatzschwankungen der Lagerbestand eines Artikels bedrohlich sinkt, müssen wir den Plan durch einen zusätzlichen Fertigungsauftrag für diesen Artikel ändern. Nun teilt uns das System genau mit, welche Auswirkungen dieser Auftrag außerhalb der Reihe auf unseren Wochenarbeitsplan hat, und ich kann ableiten, wie viel er an Zusatzkos­ten verursacht.«

Das Modul Line Monitoring: Erfasst Betriebsdaten aus Abfüll- und Verpackungs­anlagen und wertet sie aus
Das Modul Line Monitoring: Erfasst Betriebsdaten aus Abfüll- und Verpackungs­anlagen und wertet sie aus

4. Modul: Production Analysis wertet aus

Das Modul liefert webbasierte Auswertungen von Produktionsdaten über einzelne Prozessstufen hinweg. Vorteile in der Praxis: Dem Management liefert es somit einen schnellen Überblick über die wesentlichen Kennzahlen aller Anlagen zur genauen Zielverfolgung.

Neben den vier Modulen, für deren Anwendung sich die Bitburger Braugruppe entschieden hat, sind innerhalb des MES-Systems zwei weitere Module wählbar.

5. Modul: Order Material Tracking beobachtet Ressourcen

Das Modul erfasst sämtliche für einen Auftrag benötig­ten Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe mittels Barcode-Scanner. Vorteile in der Praxis: Mit den eingelesenen Barcodes lässt sich jederzeit nachvollziehen, welche Materialien für einen bestimmten Auftrag zum Einsatz gekommen sind. Das ist unter anderem für das Rückverfolgen von Produktionschargen bedeutsam.

6. Modul: Recipe Management schlägt Alarm

Als zentrale Datenbank für kritische Prozessparameter dient beim Innoline MES das Modul Recipe Management. Vorteile in der Praxis: Es überwacht vorgegebene Prozessparameter und alarmiert beim Überschreiten von Grenzwerten automatisch das Bedienpersonal. Es sichert somit die Produktqualität und vermeidet Produktionsverluste.

Sechs Richtige: Das Optimierungspotenzial entscheidet

Durch das perfekte Zusammenspiel aller nötigen Module ermöglicht es Innoline MES, große Verbesserungseffekte zu erreichen. Der Wirkungsgrad der Anlagentechnik erhöht sich beträchtlich, auf neue Anforderungen kann das Unternehmen schnell und flexibel reagieren. Dominik Pols­ter sieht sich bestätigt: »Alle unsere Vorstellungen sind in das System mit eingeflossen. Unsere Prozesse sind nun genau so optimiert, wie wir es uns im Vorfeld gewünscht hatten.«

Von großem Vorteil ist natürlich der modulare Aufbau des Systems: Wer sich zunächst für die Innoline MES-Basisversion und damit ausschließlich für das Modul Line Monitoring entscheidet, kann bei Bedarf weitere Module auch zu einem späteren Zeitpunkt einfach nachrüsten. Diese Eigenschaft schätzt Rudolf Wahl: »Wesentlich ist für uns, dass das System lernfähig ist. Wenn bei uns neue Wünsche entstehen, entwickeln wir mit KHS gemeinsam weiter. Alles in allem sehe ich dieses Pilotprojekt als eindeutige Win-win-Situation. Demnächst profitieren davon auch die weiteren Braustätten der Bitburger Braugruppe.«

Fazit

Mit dem Innoline MES können Hersteller aus der Getränkeindustrie ihre Wettbewerbsfähigkeit deutlich steigern. Das System dokumentiert die Produktion und den Ablauf exakt und stellt die Daten dem ERP zur Verfügung, um die Steuerung von Geschäftsprozessen zu optimieren. Es geht damit einen Schritt hin zu einer vernetzten, smarten Produktion und bringt die Getränkeindustrie der Vision von Industrie 4.0 näher (siehe Infobox »Kluge Zeiten«). In der Branche jedenfalls ist MES bereits im Rennen: 15 Innoline MES-Projekte sind bereits bei KHS geordert.

Ihr Ansprechpartner zu dem Thema

Wolfgang Heßelmann
KHS GmbH, Dortmund

Telefon: +49 231 569-1612
E-Mail: wolfgang.hesselmann@khs.com